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Mai 2015
Der schnelle Kick durch Kokain kann fatale Folgen haben. Denn die Droge ist nicht nur ein Wachmacher, sie schädigt auch die Blutgefäße und führt zu einer akuten Sauerstoffunterversorgung. Herzinfarkt und Schlaganfall können die Folge sein.
Bild: © olly / Fotolia.com
Die Bilder verheißen nichts Gutes. Yingtian Pan und sein Forschungsteam haben erstmals hochaufgelöste Aufnahmen von Gehirngefäßen erstellt, wie sie unter dem Einfluss von Kokain aussehen. Dort, wo eigentlich die feinen Linien der kleinen Gefäße, die auch als Kapillaren bezeichnet werden, zu sehen sein müssten, ist nur noch eine dunkelrote Fläche. Die Aufnahmen stammen von Mäusen, denen 30 Tage lang jeden Tag Kokain verabreicht wurde. Die mit einer neuartigen Lasertechnik aufgenommen Bilder verdeutlichen, welche Auswirkungen Kokain auf die Blutgefäße hat, mit fatalen Folgen für das Herz-Kreislaufsystem.
Kokain schädigt nicht nur die Gehirngefäße, sondern das gesamte Gefäßsystem des Körpers. Wie es zu diesen Schäden kommt und welche Folgen dies hat, das haben der US-Forscher Robert Kloner und sein Team in einem Übersichtsartikel zum aktuellen Stand der Forschung beschrieben.
Wer Kokain konsumiert, fühlt sich meist hellwach oder empfindet sogar euphorische Gefühle. Der Grund: Kokain verstärkt die Aktivität der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin. Dopamin aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn. Konsumierende erleben dies oft als ein verstärktes Selbstwertgefühl. Noradrenalin bewirkt, dass der Körper in den Kampf- oder Fluchtmodus übergeht. Das Herz beginnt schneller zu schlagen und der Blutdruck steigt. Das Herz erhöht dadurch seinen Sauerstoffbedarf. Gleichzeitig hat Kokain aber eine gefäßverengende Wirkung. Die Blutbahnen fördern weniger Blut und somit auch weniger Sauerstoff. Den braucht das Herz aber dringend.
Unter der akuten Wirkung von Kokain können dadurch Herzrhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod auftreten. Brustschmerzen können erste Symptome sein. Studien haben gezeigt, dass dem Herzinfarkt nicht immer chronischer Kokainkonsum vorausgehen muss. Auch gelegentliches Koksen kann einen Herzinfarkt verursachen.
Häufiger Kokainkonsum wirkt zudem direkt auf die Herzmuskelzellen, indem es den Energiehaushalt der Mitochondrien stört. Mitochondrien sind die „Kraftwerke“ der Zellen, weil sie diese mit einem energiereichen Molekül, dem Adenosintriphosphat (ATP), versorgen. Bleibt die Versorgung mit ATP aus, stirbt die Zelle.
Konsumierende, die Kokain spritzen, riskieren eine weitere lebensbedrohliche Herzerkrankung, die Endokarditis. Durch das Spritzen können Keime in die Blutbahn gelangen und zu einer Entzündung der Herzinnenhaut führen. Die Endokarditis kann mit Antibiotika behandelt werden. Unbehandelt ist der Krankheitsverlauf meist tödlich.
Die gefäßverengende Wirkung von Kokain hat weitere verheerende Folgen für das Gefäßsystem. Die eigentlich elastischen Blutbahnen versteifen und die innere Schutzschicht, das Endothel, wird zerstört. Das Endothel kleidet die Gefäße von innen aus und bildet somit eine Barriere zwischen Blut und Gewebe. Wird das Endothel zerstört, lagern sich Blutplättchen an, was zu Verklumpungen führt. Es bilden sich so genannte Thrombosen, die die Blutgefäße verstopfen. Die Folge: Blutungen und Schlaganfall.
Zwei unterschiedliche Arten von Schlaganfall sind in diesem Zusammenhang zu unterscheiden: der ischämische und der hämorrhagischen Schlaganfall. Beide führen zu einer Minderversorgung des Gehirns und zu Ausfallerscheinungen, was dauerhaft Lähmungen zur Folge haben kann. Ein Teil der Schlaganfälle endet tödlich.
Beim ischämischen Schlaganfall kommt es zu einer Minderversorgung infolge einer Gefäßverstopfung. Der ischämische Schlaganfall erfolgt meist erst ein paar Stunden nach dem Konsum. Auslöser sind vermutlich Vorschäden am Endothel sowie die gefäßverengende Wirkung des Kokains.
Der hämorrhagische Schlaganfall ist durch einen Gefäßriss und einer nachfolgenden Einblutung ins Gewebe gekennzeichnet. Diese Art von Schlaganfall tritt eher unter der akuten Wirkung auf, aufgrund des zum Teil stark erhöhten Blutdrucks. Kopfschmerzen nach dem Konsum gelten als erstes Warnsignal.
Generell stellen Gefäßverkalkungen, auch Arteriosklerose genannt, ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen dar und treten normalerweise erst im Alter auf. Kokain kann aber durch Ablagerungen schon bei jungen Menschen zu gefährlichen Engpässen in den Gefäßen führen. Sind die Herzgefäße betroffen, kann dies einen Herzinfarkt zur Folge haben.
Studien konnten nachweisen, dass Kokain auch ein Risikofaktor für die so genannte Aortendissektion ist. Die Aorta ist die Hauptschlagader, die vom Herzen wegführt. Bei der Dissektion kommt es zur Aufspaltung einzelner Wandschichten der Aorta und einer Einblutung zwischen den Schichten. Dies birgt das hohe Risiko, das die Aorta reißt, was in der Regel den sofortigen Tod zur Folge hat.
Der Konsum von Kokain kann kurzfristig euphorische Gefühle auslösen und Konsumierenden ein erhöhtes Selbstwertgefühl vermitteln. Langfristig riskieren sie aber, ihr Herz-Kreislaufsystem massiv zu schädigen, mit lebensbedrohlichen Folgen. Herzschmerzen oder Kopfschmerzen nach dem Konsum sind akute Warnsignale. Der dauerhafte Ausstieg aus dem Konsum sowie eine ärztliche Untersuchung wären dann anzuraten. Ärztinnen und Ärzte unterliegen der Schweigepflicht.
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