Topthema
Dezember 2009
Bild: www.pixelio.de / Gerd Altmann
Umfragen zufolge ist der Cannabiskonsum in Deutschland rückläufig. Allerdings sinken die Konsumzahlen nur leicht und das von einem hohen Niveau. Cannabis ist also nachwievor die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland. Die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen belassen es aber beim Probierkonsum oder kiffen nur gelegentlich. Manche Konsumentinnen und Konsumenten sind aber besonders empfänglich für die entspannende Wirkung und kiffen mehr als ihnen gut tut. Nach langjährigem Konsum machen sich dann Folgeprobleme bemerkbar, die irgendwann überhandnehmen und nicht ohne weiteres in den Griff zu kriegen sind. Professionelle Unterstützung könnte den Betroffenen dabei helfen. Die Angebote hierfür sind vielfältig. Doch viel zu selten werden diese in Anspruch genommen, obwohl sie nachweislich helfen.
Drogenabhängigkeit - dieses „schlimme“ Wort ruft allerlei Assoziationen hervor, die bei den meisten Menschen mit eher negativen Begriffen wie „Verelendung“ oder „Junkie“ in Verbindung gebracht werden. „Harte“ Drogen wie Heroin oder Crack passen dazu. Cannabis hingegen bringen wohl die Wenigsten spontan mit dem Thema Abhängigkeit in Zusammenhang. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass auch der Konsum von Cannabis eine Abhängigkeit nach sich ziehen kann, die manchmal verheerende Konsequenzen für die Betroffenen mit sich bringt. Zwar gehört der körperliche Verfall, der bei Opiatabhängigen häufig zu beobachten ist, nicht zu den typischen Erscheinungen einer Cannabisabhängigkeit, oft erleben die Betroffenen aber ernsthafte psychische und soziale Probleme, sei es in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Partnerschaft.
Wie weit verbreitet ist eigentlich der problematische Cannabiskonsum in der Bevölkerung? Um diese Frage zu beantworten, hat ein Forschungsteam um Professor Hans-Ulrich Wittchen eine repräsentative Studie in München und dem Münchner Umland durchgeführt. Darin wurden über 3.000 Jugendliche und junge Erwachsene intensiv zu ihrem Drogenkonsum befragt. Dabei stellte sich heraus, dass 17 Prozent aller befragten 14- bis 24-Jährigen Probleme mit dem Kiffen haben oder sie sogar eine Abhängigkeit in Zusammenhang mit ihrem Cannabiskonsum entwickelt haben. Am häufigsten genannt waren soziale Probleme beispielsweise mit den Eltern oder den Freundinnen und Freunden.
Aber auch psychische Probleme spielen eine wichtige Rolle. Depressionen und Ängste sind oft Begleiterscheinungen oder sogar die treibende Kraft für den Cannabiskonsum. Bekannt ist, dass Personen, die unter sozialer Ängstlichkeit leiden, häufig Haschisch oder Gras rauchen, um sich zu entspannen. Das Fatale daran ist, dass sie durch die „Eigenbehandlung“ mit Cannabis in einen Kreislauf geraten. Denn der Konsum selber fördert auch Angstsymptome, die wiederum zum Anlass genommen werden, weiter zu konsumieren. Langfristig betrachtet kann das Kiffen bei vorhandenen Angststörungen somit zu einer Verschlimmerung der Symptomatik führen. Das Gleiche gilt auch für Depressionen. Zunächst mögen die Haschischkekse, der Joint oder die Bong entspannend und stimmungsaufhellend wirken. Dauerhafter Cannabiskonsum kann aber wiederum Depressionen fördern.
Viele, die schließlich - oft nach langjährigem Konsum - versuchen, den Konsum eigenständig zu reduzieren, stellen dann fest, dass die ersten Versuche nicht optimal verlaufen. Kiffer erleben Entzugserscheinungen und den intensiven Wunsch, wieder zu kiffen. Eine Forschungsgruppe um Alan Budney hat 2004 einen Übersichtsartikel zu Entzugserscheinungen bei Cannabiskonsum veröffentlicht. Die Autoren stellten fest, dass etwa zwei Drittel aller Cannabisabhängigen, die eine Behandlung aufsuchen, vier oder mehr Entzugssymptome von zumindest mittlerer Intensität aufweisen. Der Schweregrad der Entzugssymptome sei dabei in etwa vergleichbar mit dem Entzug bei einer Nikotinabhängigkeit. Allerdings können Entzugssymptome individuell sehr unterschiedlich erlebt werden.
Trotz der offenkundig weiten Verbreitung des problematischen Konsums nimmt jedoch nur eine Minderheit der Kiffer professionelle Hilfe in Anspruch. In der oben zitierten Studie aus der Region München gab nur ein Drittel der Personen, die einen problematischen Konsum von Cannabisprodukten aufweisen, an, jemals fachliche Unterstützung wegen ihres Cannabiskonsums aufgesucht zu haben. Meist handelte es sich um psychotherapeutische Hilfe, was dafür spricht, dass auch andere psychische Probleme außer dem Konsum eine Rolle spielen. Nur eine Minderheit hat sich direkt an eine Drogenberatungsstelle gewendet.
Dass professionelle Beratung nur in den wenigsten Fällen genutzt wird, hat vermutlich verschiedene Gründe. Sei es aus Scham, sowohl sich selbst als einer zunächst fremden Person gegenüber die eigenen Probleme einzugestehen oder sei es, dass die persönlichen Schwierigkeiten als zu unbedeutend betrachtet werden, als dass hierfür ein „Seelenklempner“ aufzusuchen wäre. Tatsache aber ist, je eher jemand sich mit seinem Konsum offen auseinandersetzt und hierfür fachkundige Hilfe in Anspruch nimmt, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Konsum von Cannabis erfolgreich reduziert oder ganz eingestellt wird.
Die Erfahrungen aus der Beratung im Rahmen von „drugcom.de“ zeigen uns auch, das viele der Nutzerinnen und Nutzer oft nicht wissen, was Beratung eigentlich ist und wie diese abläuft. Unter der Rubrik „häufig gestellte Fragen“ werden daher die wichtigsten Themen zu Beratung und Therapie behandelt. Vereinfacht gesagt geht es in der Beratung darum, über die Sorgen oder Ängste zu sprechen, um gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu finden oder weiterführende Hilfsmöglichkeiten zu erörtern.
Mittlerweile gibt es ein vielfältiges Beratungsangebot für Cannabiskonsumierende in Deutschland. So haben viele Drogenberatungsstellen sich auf den Trend, dass ihre Klientel immer häufiger überwiegend mit Cannabisproblemen zu ihnen kommt, eingestellt und bieten spezielle Beratungsprogramme für Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten an. Beispiele hierfür sind die Beratungsprogramme „Realize it“ oder „CANDIS“. Gemeinsam haben diese Programme, dass es in mehreren Gesprächsterminen darum geht, die persönliche Situation zu analysieren, um Handlungsalternativen und damit konkrete Wege aus der Abhängigkeit zu entwickeln.
Wer es lieber online mag, für den bietet das Internet auch einige Beratungsmöglichkeiten. Viele Drogenberatungsstellen haben zusätzlich die Möglichkeit geschaffen, per Chat oder E-Mail kontaktiert zu werden. Eine ausschließlich online durchgeführte und auf die Belange von Cannabiskonsumierenden hin spezialisierte Beratung bietet „drugcom.de“ mit dem Programm „quit the shit“. Hier werden Ratsuchende individuell und durch erfahrene Beraterinnen und Berater darin unterstützt, ihren Cannabiskonsum zu reduzieren oder ganz mit dem Kiffen aufzuhören. Erst kürzlich konnte in einer wissenschaftlichen Studie belegt werden, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von „quit the shit“ ihren Cannabiskonsum signifikant im Vergleich zu einer Kontrollgruppe senken. Gleichzeitig verbessert sich ihr psychisches Befinden. Angst und Depressivität nehmen ab und die Lebenszufriedenheit nimmt zu.
Wer sich noch nicht sicher ist, wie es um den eigenen Cannabiskonsum steht, der kann bei „drugcom.de“ auch einen Selbsttest durchführen, der unmittelbar die Risiken des Konsumverhaltens analysiert. Alle Angebote auf „drugcom.de“ können übrigens anonym und kostenlos genutzt werden.
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