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März 2018
Schon ein Milliardstel Gramm reicht aus. Wer mit einem Nanogramm THC pro Milliliter Blut im Straßenverkehr erwischt wird, muss mit dem Entzug des Führerscheins rechnen. Der Nachweis des Cannabiswirkstoffs ist aber häufig auch dann noch möglich, wenn der Rausch schon längst verklungen ist.
Bild: BZgA
Schon wenige Sekunden nach dem Zug an einem Joint macht sich die Wirkung bemerkbar. Beim Inhalieren von Cannabis gelangt der Wirkstoff THC von der Lunge ins Blut und verteilt sich von dort im ganzen Körper. Im Gehirn bindet THC an Rezeptoren, die normalerweise für endogene, also körpereigene Cannabinoide reserviert sind. Die Menge an Wirkstoff ist beim Kiffen aber um ein Vielfaches größer als der Körper selbst an endogenen Cannabinoiden produziert. Die Folge: Konsumierende fühlen sich berauscht.
Die akute Wirkung hält etwa zwei bis drei Stunden an. Der Abbau von THC erfolgt teilweise in der Lunge, hauptsächlich aber in der Leber. THC und seine Abbauprodukte werden schließlich über Stuhl und Urin ausgeschieden.
THC kann für gewöhnlich etwa bis zu fünf Stunden im Blut und bis zu zehn Stunden im Urin nachgewiesen werden. Bei chronischem Konsum können jedoch noch Tage oder sogar Wochen später Reste von THC und seiner Abbauprodukte nachgewiesen werden. Ein Grund hierfür ist die gute Fettlöslichkeit von THC. Das bedeutet, THC lagert sich im Fettgewebe an.
Das Konsummuster kann daher entscheidend Einfluss nehmen auf die Nachweisdauer. Bei regelmäßigem Konsum reichert sich immer mehr THC im Fettgewebe an und wird erst nach und nach wieder in den Blutkreislauf freigesetzt. Dies hat zur Folge, dass die Nachweiszeit um ein Vielfaches länger sein kann, als bei sporadischem Konsum.
Eine Studie aus Australien mit 21 Cannabisabhängigen lieferte erstaunliche Werte. Bisher ging man davon aus, dass die THC-Konzentration im Blut nach dem letzten Konsum schnell auf eine Restmenge von etwa zwei bis drei Nanogramm pro Milliliter abfällt und dann langsam weiter abgebaut wird. Dies scheint aber nicht immer der Fall zu sein. Denn neben diesem typischen Profil fand das australische Forschungsteam bei einigen Teilnehmenden selbst am siebten Tag nach dem letzten Konsum Konzentrationen von bis zu vier Nanogramm THC pro Milliliter im Blut.
Es gab sogar Verläufe, bei denen die Werte nicht gleichförmig abfielen, sondern nach mehreren Tagen kurz wieder anstiegen. Dies scheint bei starken Kiffern nicht untypisch zu sein. So ließ sich in einer Studie aus den USA bei einzelnen Probanden noch einen Monat nach dem letzten Joint THC im Blut nachweisen, obwohl ihre Blutproben ein paar Tage zuvor negativ waren.
Offenkundig gibt es individuelle Unterschiede im Stoffwechsel. Als mögliche Ursachen kommen auch Aktivitäten infrage, die dazu führen, dass THC verstärkt aus dem Fettgewebe wieder freigesetzt wird. So konnte in einer Studie belegt werden, dass Sport Einfluss auf den THC-Level im Blut hat. Bei Dauerkiffern hatte schon 35 Minuten moderates Indoor-Fahrradtraining zur Folge, dass die THC-Konzentration im Blut für zwei Stunden messbar zunahm.
In einer Studie mit Ratten zeigte sich, dass auch eine Diät Einfluss auf den THC-Spiegel im Blut haben kann. Die Tiere bekamen zehn Tage lange THC und mussten anschließend für 24 Stunden auf Nahrung verzichten. Bluttests ergaben, dass die auf Diät gesetzten Tiere noch bis zu zwei Tage nach der THC-Behandlung signifikant höhere THC-Werte aufwiesen als Tiere einer Kontrollgruppe, die normal weiterfressen durften.
Der Nachweis von THC scheint zudem von der Konsumart abzuhängen. Wird Cannabis beispielsweise in Form von Keksen gegessen, so lässt sich im Schnitt noch sechs Tage später THC im Urin nachweisen. In Studien mit chronisch Konsumierenden gab es sogar Fälle bei denen noch drei Monate nach dem letzten Konsum das Abbauprodukt THC-COOH nachweisbar war.
Die langen Nachweiszeiten werden vor allem dann relevant, wenn Konsumierende sich hinters Steuer setzen. Denn im Straßenverkehr gilt das Null-Toleranz-Prinzip für Cannabis. Wer Auto oder Motorrad fährt, hat sicherzustellen, dass keinerlei Beeinträchtigung von etwaigem Cannabiskonsum ausgeht. Fragt sich, ab wann von einer Beeinträchtigung der Fahreignung ausgegangen wird.
In der deutschen Rechtsprechung hat sich der Wert von einem Nanogramm pro Milliliter Blut etabliert. Zuletzt hat das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen diesen Grenzwert bestätigt, nachdem zuvor die Grenzwertkommission empfohlen hatte, die Schwelle auf drei Nanogramm hochzusetzen.
Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass auch bei einem Grenzwert von einem Nanogramm „nicht in jedem Einzelfall mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen werden kann, dass Beeinträchtigungen von verkehrssicherheitsrelevanten Fähigkeiten der Betroffenen vorliegen.“ Im Klartext: Die Fahrtüchtigkeit könnte auch bei dem niedrigeren Grenzwert eingeschränkt sein.
Vielkiffer sollten daher davon ausgehen, dass auch mehrere Tage nach dem letzten Konsum noch THC-Konzentrationen nachgewiesen werden können, die zum Führerscheinverlust führen. Um den Führerschein zurückzubekommen ist in der Regel eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) notwendig, im Volksmund auch Idiotentest genannt.
Doch so einfach wie die umgangssprachliche Bezeichnung es vermuten lässt, ist es nicht, den Test zu bestehen. Ein hoher Prozentsatz der Prüflinge fällt beim ersten Mal durch. 2016 wurden 35 Prozent der Begutachteten als „ungeeignet“ eingestuft, sechs Prozent immerhin als „nachschulungsfähig“. Die Kosten einer MPU müssen von den begutachteten Personen übrigens vollständig selbst getragen werden.
Der Cannabiswirkstoff THC kann üblicherweise noch mehrere Stunden nach dem letzten Konsum in Blut und Urin nachgewiesen werden. Das Abbauprodukt THC-COOH ist sogar noch mehrere Tage im Urin nachweisbar. Bei häufigem Konsum können sich die Nachweiszeiten allerdings auf mehrere Tage oder sogar Wochen verlängern. Grund ist die Fettlöslichkeit von THC und seiner Abbauprodukte.
Für chronische Kiffer dürfte es somit generell riskant sein, sich hinters Steuer zu setzen, solange sie ihren Konsum nicht gänzlich einstellen oder nur noch sehr selten konsumieren. Zum einen ist die Unfallgefahr nachweislich erhöht. Zum anderen müssen sie im Falle einer Polizeikontrolle damit rechnen, ihren Führerschein zu verlieren. Den „Lappen“ gibt es erst nach bestandener medizinisch-psychologischer Untersuchung zurück. Ein hoher Anteil der Prüflinge fällt allerdings beim ersten Mal durch.
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