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Pilze, Pappen, Paranoia

März 2007

Ritueller Gebrauch

Halluzinogene werden schon seit Tausenden von Jahren von Menschen konsumiert. Dabei blieb der Konsum jedoch in der Regel reserviert für rituelle oder spirituelle Zwecke. Auch heute noch wird beispielsweise der Peyote-Kaktus mit seinem Wirkstoff Meskalin von den Mitgliedern der Native American Church zu religiösen Zwecken konsumiert. Sie haben dafür in den USA eine Sondergenehmigung, denn Meskalin gilt in den USA wie in Deutschland als illegales Rauschmittel.

Von A wie Angel Dust bis Z wie Zaubersalbei

Neben Meskalin gibt es noch eine Reihe anderer pflanzlicher Halluzinogene wie Psilocybin-haltige Pilze, die gerne auf Kuhfladen wachsen oder den mexikanischen Zaubersalbei Salvia Divinorum, mit dem Wirkstoff Salvinorin A, der als einer der stärksten natürlichen Halluzinogene gilt. Einige pflanzliche Halluzinogene aus dem Bereich der Nachtschattengewächse wie Stechapfel, Engelstrompete oder Tollkirsche können schwere Vergiftungen nach sich ziehen. Angstzustände und im Extremfall Atemlähmung mit Todesfolge können die Folge sein.

Das von dem Chemiker Albert Hoffmann synthetisierte LSD ist wohl das bekannteste Halluzinogen. Ob er es erfunden oder entdeckt hat, darüber lässt sich streiten. Er selbst schreibt in seinem Buch „LSD - Mein Sorgenkind“, dass das LSD zu ihm gekommen sei. Unbeabsichtigt hatte er im Labor trotz größter Sorgfalt winzige Mengen eingenommen und damit den ersten LSD-Rausch der Welt erlebt. LSD wirkt schon ab 50 Mikrogramm (Millionstel Gramm) und wird meist auf bedrucktem Papier (Trip, Pappen) aufgetragen. Daneben gibt es noch andere synthetische Substanzen wie PCP („Angel Dust“) oder Ketamin, die ebenfalls halluzinogene Effekte erzeugen.

An den Wurzeln des Bewusstseins

So unterschiedlich die halluzinogenen Substanzen sind, so sehr ähneln sich deren Wirkungen. Allen Halluzinogenen ist gemeinsam, dass sie tiefgreifende psychische Veränderungen hervorrufen können. Typisch ist dabei ein stark verändertes Erleben von Raum und Zeit.

Die Halluzinogene scheinen damit an den Wurzeln des Bewusstseins zu rütteln, denn das Denken, Fühlen und die Wahrnehmung werden massiv beeinflusst. Eingefahrene Denkstrukturen werden durchbrochen und abgelöst von assoziativen Gedankenketten. Die Verarbeitung der Wahrnehmungen gerät in Unordnung, was sich durch Sinnestäuschungen bemerkbar macht. Die Objekte der Umgebung scheinen in Bewegung zu geraten oder ineinander zu fließen.

Der massivste Eingriff in das Bewusstsein dürfte aber der Verlust der Ich-Empfindung sein. Das im normalen Alltag selbstverständliche Gefühl der Ich-Begrenztheit geht verloren. Je nach Person und kulturellem Hintergrund werden diese Erfahrungen unterschiedlich interpretiert. Die einen nehmen dies als Eins-Sein mit der Welt wahr oder schreiben den Erfahrungen gar eine religiöse Dimension zu. Andere hingegen fühlen sich durch die extreme psychische Situation bedroht und laufen Gefahr „abzustürzen“.

Set und Setting

Überhaupt ist der Rauschverlauf sehr stark von der Person, ihren Erwartungen und der Situation abhängig. Die Erlebnisse können von einer euphorischen Grundstimmung getragen werden. Ebenso kann die Stimmung auch in Panik und Entsetzen umkippen, da die Erlebnisse Angst bereiten können. Aus dem Rausch wird dann ein Horror-Trip. So weit bekannt, ist zwar noch niemand an einer Überdosis LSD gestorben, es besteht aber insbesondere bei einem Horror-Trip die Gefahr, dass sich der Konsument bzw. die Konsumentin durch Verkennung der Realität selbst gefährdet, beispielsweise weil der oder die Betroffene verwirrt und desorientiert vor ein Auto rennt.

Nebenwirkung: Psychose

Die tiefgreifenden psychischen Veränderungen können aber auch ernsthafte psychische Probleme auslösen. Am schwerwiegendsten sind die drogeninduzierten Psychosen, die als „Hängenbleiben“ bezeichnet werden. Dabei ernüchtern die Konsumenten nicht wieder mit dem Abklingen der Wirkungen, sondern geraten in eine dauerhafte Psychose. Paranoide Wahnvorstellungen, also das Gefühl beobachtet oder verfolgt zu werden, können dabei auftreten. Diese kann einige Tage andauern, im Extremfall aber auch in eine Schizophrenie übergehen. Angenommen wird, dass die Betroffenen dann meist schon vorher für Schizophrenie empfänglich waren. Bloß, wer weiß das schon vorher …

 


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