Topthema
Juli 2018
Seit den 1990er Jahren ist Ecstasy in der Party-Szene ein Begriff. Die bunten Pillen können euphorische Gefühle auslösen. Der Konsum birgt allerdings akute Risiken, mitunter mit fatalen Folgen. Immer wieder gibt es Berichte über Todesfälle. Oft ist Mischkonsum im Spiel, aber nicht immer.
Bild: Couperfield / Fotolia.com
Ein warmes Gefühl breitet sich im ganzen Körper aus, berichten Konsumierende. Tatsächlich ist die Wärme nicht eingebildet. Durch den Ecstasywirkstoff MDMA wird vor allem der körpereigene Botenstoff Serotonin ausgeschüttet, der auch an der Regulation der Körpertemperatur beteiligt ist.
Die körperliche Reaktion auf Ecstasy entspricht nach Einschätzung des Drogenforschers Andrew Parrott im Prinzip der milden Form eines Serotonin-Syndroms. Das Syndrom geht einher mit Hyperthermie, also gefährlich erhöhter Körpertemperatur, starkem Schwitzen, krampfartigen Muskelzuckungen und starker Ruhelosigkeit. Schwere Formen des Serotonin-Syndroms können lebensbedrohlich sein.
Todesfälle nach Ecstasykonsum sind zwar selten, es gibt sie aber. So sorgte zuletzt der Tod einer US-Amerikanerin für Schlagzeilen. Sie ist beim Feiern in einem Berliner Techno-Club gestorben, nachdem sie zwei Pillen Ecstasy geschluckt haben soll. Auch auf der Party-Insel Ibiza kommt es immer wieder zu Todesfällen aufgrund von Substanzkonsum. Ein Forschungsteam wollte wissen, welche Drogen dabei eine Rolle gespielt haben und hat für den Zeitraum Januar bis September 2015 alle Todesfälle in Zusammenhang mit Drogenkonsum untersucht. Verkehrsunfälle und Suizide wurden separat ausgewertet.
Innerhalb der untersuchten neun Monate gab es 12 Todesfälle, bei denen Substanzkonsum beteiligt war. Bei vier Verstorbenen konnte MDMA nachgewiesen werden. In einem Fall hatte ein 26-Jähriger zusätzlich Alkohol getrunken und ist im Rausch aus großer Höhe gestürzt, vermutlich vom Hotelbalkon. In zwei Fällen war Multiorganversagen die Todesursache, wobei in einem der Fälle nur MDMA gefunden wurde. In einem weiteren Fall endete eine schwere Magenblutung für einen 31-Jährigen tödlich. Er konsumierte neben MDMA noch Alkohol und Kokain.
Der Mischkonsum von MDMA mit anderen Drogen ist durchaus typisch, erhöht aber vermutlich das Risiko für fatale Folgen. Vor allem beim Konsum von weiteren stimulierenden Drogen wie Methamphetamin erhöht sich das Risiko der Hyperthermie. Ecstasy kann aber auch alleine eine tödliche Überdosierung zur Folge haben. So wurden in einem der auf Ibiza dokumentierten Todesfälle keine weiteren Drogen gefunden.
Es gibt weitere Fälle von Hyperthermie und Organschäden, in denen Ecstasy vermutlich die Ursache war. In einer Fallstudie wurden mehrere Drogennotfälle auf einem elektronischen Musikfestival im kalifornischen Daly City dokumentiert. Bei einem 23-jährigen Mann verkrampften sich plötzlich die Muskeln. Er stolperte, fiel eine Treppe hinunter und bekam einen epileptischen Anfall. Der eintreffende Rettungsdienst spritzte ihm zwar umgehend ein krampflösendes Medikament. Der Anfall war mit einer Dauer von ungefähr 30 Minuten jedoch sehr lang.
Bei Ankunft in der Notaufnahme war seine Körpertemperatur mit 43 Grad Celsius extrem erhöht. Eisbeutel, Kältematten und kühlende Infusionen sollten die Körpertemperatur schnell senken. Erst nach etwa drei Stunden konnte seine Körpertemperatur unterhalb der kritischen Grenze von 38,9 Grad Celsius gesenkt werden. Doch trotz aller Bemühungen des Ärzteteams, sein Leben zu retten, verstarb der 23-Jährige einige Stunden später an Multiorganversagen.
Er war einer von 12 Personen, die nach dem Besuch des Rave Events notfallmedizinisch behandelt werden mussten. Ein 25-Jähriger starb ebenfalls. Vier weitere Personen überlebten mit bleibenden körperlichen Schäden. Drei von ihnen erlitten ein so genanntes Kompartmentsyndrom, bei dem es zu starken Durchblutungsstörungen kommt und das Gewebe abstirbt. Bei einer 21-jährigen Frau waren die Folgen so stark ausgeprägt, dass ihr beide Beine unterhalb der Knie amputiert werden mussten. Alle 12 Personen hatten vermutlich Ecstasy konsumiert, was teilweise durch Blutanalysen bestätigt werden konnte.
In den Medien wurde zunächst die Meldung verbreitet, dass Verunreinigungen der Grund für die gravierenden Folgen seien. Allerdings gab es keine Belege hierfür. Im Gegenteil, konnten doch keine weiteren Substanzen - außer Alkohol - im Blut der betroffenen Personen identifiziert werden. Zudem war der Reinheitsgehalt der Kapseln, die von der Polizei auf dem Event beschlagnahmt wurden, relativ hoch. Sie enthielten zwischen 82 und 98 Prozent MDMA. Auffällig war auch die Menge des Wirkstoffs. Die Kapseln enthielten bis zu 270 mg MDMA. Die übliche Dosis liege hingegen bei etwa 80-150 mg.
Das Ärzteteam geht insofern davon aus, dass nicht Verunreinigungen, sondern Überdosierungen zu den fatalen Folgen geführt haben. Besucherinnen und Besucher des Rave-Events hätten später gesagt, dass es ungewöhnlich warm auf der Indoor-Veranstaltung gewesen sei. Dies mag dazu beigetragen haben, dass die Körpertemperatur bei den Patientinnen und Patienten zum Teil stark erhöht war. Die akute Behandlung konzentrierte sich daher zunächst auf die Kühlung der Betroffenen. Diese sei aber nicht in allen Fällen erfolgreich gewesen bzw. habe zu lange gedauert.
Der Arzt Guy Soo Hoo weist in einem Kommentar zur Studie darauf hin, dass akute Vergiftungen durch Ecstasy meist eine Folge von Überdosierungen mit MDMA seien. Die Schwere der Intoxikation stehe aber nicht zwangsläufig mit der Höhe der Dosis in einem Zusammenhang. Individuelle Unterschiede in der Verstoffwechselung von MDMA tragen dazu bei. Die Unterschiede können auch genetisch bedingt sein.
Soo Hoo erläutert, dass der Rausch beim erstmaligen Konsum von Ecstasy bei einem von etwa 2.000 bis 50.000 Konsumierenden tödlich endet. Generell müssten sich Ecstasykonsumierende klar machen, dass man bei illegalem Ecstasy nie sicher sein kann, welche Substanzen in welcher Dosierung enthalten sind und wie der eigene Körper darauf reagiert.
Zu diesem Ergebnis kommt auch der Arzt Christopher Milroy, der 59 Todesfälle untersucht hat, die in den Jahren 1992 bis 2008 im britischen Sheffield dokumentiert wurden und bei denen MDMA nachgewiesen werden konnte. Bei 13 Fällen wurde die Wirkung von MDMA allein für den Tod verantwortlich gemacht. Dabei gab es eine große Bandbreite bei der ermittelten MDMA-Konzentration.
Ecstasy kann angenehme Gefühle bei Konsumierenden auslösen. In seltenen Fällen endet der Konsum jedoch tödlich. Oft sind eine stark erhöhte Körpertemperatur und nachfolgende Organschäden für den Tod verantwortlich. Mischkonsum oder Verunreinigungen von Pillen können das Risiko für gefährliche Wirkungen erhöhen. Eine Reihe von Fallberichten weisen allerdings daraufhin, dass auch MDMA allein tödliche Vergiftungen nach sich ziehen kann. Dabei ist es kaum möglich, eine Dosis zu nennen, ab der MDMA tödlich wirkt. Denn in den untersuchten Fällen gab es eine große Bandbreite der ermittelten MDMA-Konzentrationen. Vermutlich reagieren manchen Menschen empfindlicher auf den Wirkstoff.
Quellen:
Kommentare
Um Kommentare schreiben zu können, musst du dich anmelden oder registrieren.