Topthema
Dezember 2006
„Sport ist Mord“ - beim Thema Doping bekommt dieses altbekannte Sprichwort eine völlig neue Bedeutung. Denn wo das Hanteltraining allein nicht mehr auszureichen scheint, um das Idealbild des muskelgestählten Körpers zu verwirklichen, werden so genannte androgene anabole Steroide (Anabolika) dazu benutzt, den Körper auf gefährliche Weise zu mehr Muskelwachstum anzuregen. Die mitunter gravierenden Nebenwirkungen werden dabei gerne vernachlässigt.
Nehmen wir zum Beispiel das Anabolikum Testosteron, das Hormon, das den Mann zum Manne macht. Es beeinflusst das Wachstum der Geschlechtsorgane, führt zu einer tiefen Stimme, fördert die Körperbehaarung - und natürlich auch das Muskelwachstum. Es wird beim Mann in größeren Mengen im Hoden produziert, kann aber auch von außen zugeführt werden vorzugsweise per Injektionsnadel in den Muskel.
Es gibt Erkrankungen, bei denen Testosteron als Medikament verabreicht wird, beispielsweise bei bestimmten genetischen Erkrankungen, bei denen der Körper nicht genügend eigenes Testosteron produziert. Doch im Unterschied zur medikamentösen Behandlung, die eine Erkrankung heilen sollen, müssen die gleichen Medikamente beim Dopen um ein Vielfaches überdosiert werden, damit sie einen Effekt haben. Hier liegt die große Gefahr.
Mehr Testosteron bei Männern führt zu einer Förderung typisch männlicher Merkmale wie Muskeln, aber auch Aggressivität und eine höhere Gewaltbereitschaft. Zudem haben sie ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Leber- und Nierenschäden. In Befragungen stellen die Betroffenen selber fest, dass sie stärker zu spontanem Nasenbluten, hohem Blutdruck und vermehrtem Haarwuchs neigen. Bei den Männern gaben je nach Studie bis zu 55 Prozent der Befragten an, dass sie eine Verkleinerung ihrer Hoden feststellten. Offenbar hat die extern zugeführte Gabe von anabolen Steroiden dazu geführt, dass die körpereigene Produktion vermindert wird.
Bei Frauen, die nur ganz geringe Mengen Testosteron im Körper produzieren, führt eine zusätzliche Gabe zudem zu einer Vermännlichung (Virilisierung), was bei Bodybuilderinnen zu geradezu grotesken Körperformen führen kann. Oftmals ist dann auch eine eher lästige denn wirklich gefährliche Nebenwirkung zu beobachten: eine stärkere Aknebildung (Steroidakne), die sich im Einzelfall bis zu blutigen Verkrustungen entwickeln kann.
Die Untersuchungen zeigen, dass sich Doping im Freizeit- und Breitensport durch die gesamte Bevölkerung zieht, wobei nicht immer nur die „klassischen“ Dopingmittel wie Anabolika konsumiert werden. So fand man beispielsweise bei Dopingkontrollen während eines Stadt-Marathons heraus, dass viele sich mit Schmerz- und Asthmamitteln „gedopt“ hatten, um die Strapazen zu überstehen. Eine freiwillige Urinprobe unter Bergsteigern enthüllte, dass 3,6 Prozent von 253 Proben Amphetamine enthielten.
Den größten Anteil an Dopingmitteln im Freizeitsport nehmen aber die anabolen Steroide ein. Untersuchungen wie die „Lübecker Studie“ (siehe Topthema 9/2004) zeigen, dass etwa 13 bis 22 Prozent der Befragten Fitnessstudiobesucherinnen und -besucher anabole Steroide eingenommen haben oder noch konsumieren.
Quellen:
Studie des Robert-Koch-Instituts zum Doping im Breiten- und Freizeitsport (pdf, 1 MB)
Studie: Dopingbekämpfung in kommerziell geführten Fitnessstudios (pdf, 750 kB)
Striegel et al. (2006). Anabolic ergogenic substance users in fitness-sports. Drug and Alcohol Dependence, 81: 11-19. (pdf, 199 kB)
Netdoktor.de - Testosteron
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