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Den Cannabisausstieg richtig angehen

Dezember 2024

Eigentlich geht es beim Cannabiskonsum um die angenehmen Gefühle im Rausch. Doch bei manchen Konsumierenden entwickelt sich das Kiffen zu einer Art Zwang. Der Konsum wird zur Sucht. Der Verzicht aufs Kiffen ist dann gar nicht so einfach. Aber es gibt Tricks, die helfen, mit dem Kiffen aufzuhören oder den Konsum zu reduzieren.

Bild: David-W- / photocase.com

„Mein größtes Problem war, dass es irgendwann nur noch zum Zwang wurde.“ Die 24-jährige Hannah* hatte gemerkt, dass ihr das Kiffen nicht mehr guttut. Ihre Konzentrationsfähigkeit ließ nach. Im Studium machte sie nur noch das Nötigste. Ihre Leistungen wurden immer schlechter. „Ich war nur noch auf der Jagd nach dem nächsten Rausch“, schreibt sie in einem Erfahrungsbericht nach ihrer Teilnahme bei Quit the Shit. Hannah war cannabisabhängig.

Manche Kiffer können sich nicht vorstellen oder wollen nicht wahrhaben, dass sie abhängig sind. Im drugcom-Video erklärt Patrick, dass auch er die Droge anfangs unterschätzt hatte. „Es ist ja nur Gras“, hatte er sich früher eingeredet. „Es ist ja nicht chemisch, es ist ja nicht sowas wie Heroin oder Kokain. Ich habe immer gedacht, ich hab‘s unter Kontrolle.“ Als er dann aufhören wollte zu kiffen, kamen die Entzugserscheinungen. Er kriegte schwitzige Hände, konnte nicht mehr schlafen und wurde aggressiv. Da musste er sich eingestehen, dass er tatsächlich abhängig war.

Bei Suchtentwicklung bekommt Kiffen eine Funktion

Nicht alle Menschen, die Cannabis konsumieren, werden abhängig. Die meisten von ihnen haben keine Probleme damit, nicht mehr zu kiffen, wenn die Umstände es erfordern. Oft verliert das Kiffen an Bedeutung, weil andere Dinge in den Vordergrund treten. Manche Menschen wollen aber nicht auf das Gefühl verzichten, dass sie beim Kiffen verspüren.

Viele langjährige Kiffer haben Cannabis anfangs nur im Freundeskreis konsumiert. Mit der Zeit konsumieren sie aber immer häufiger alleine und ziehen sich in die eigenen vier Wände zurück. Während der Spaßfaktor abnimmt, übernimmt das Kiffen immer mehr die Funktion, mit unangenehmen Gefühlen wie Angst, Einschlafschwierigkeiten, Langeweile oder anderen Problemen umzugehen.

„Ich habe gemerkt, dass ich mich durch das Kiffen ‚weggemacht‘ habe, die unangenehmen Gefühle nicht spüren wollte“, schreibt eine ehemalige Teilnehmerin von Quit the Shit in einem Erfahrungsbericht. Eine andere Teilnehmerin berichtet, dass ihr die gesamte Lebensfreude abhandengekommen sei. Doch irgendwann dämmert es den meisten Betroffenen, dass es so nicht weitergehen kann. Oder wie es diese Teilnehmerin von Quit the Shit ausdrückt: „Ich hatte es satt, nach so vielen Jahren, zu kiffen. Wollte einen Alltag und weiterkommen in meinem Leben.“

Es gibt kein Geheimrezept für einen erfolgreichen Ausstieg, aber diese 7 Tipps können helfen:

1. Definiere ein eindeutiges und messbares Ziel

Ist dein Entschluss gefällt, etwas ändern zu wollen, solltest du ein eindeutiges Ziel definieren. Die erste Frage lautet: Ganz aufhören oder reduzieren? Das Reduzieren klingt vielleicht verlockend. Verspricht es doch, ein guter Kompromiss zu sein, um die negativen Effekte des Konsums zu verringern, ohne ganz auf die angenehme Wirkung verzichten zu müssen. Das kann auch klappen – wenn die entsprechende Selbstkontrolle vorhanden ist.

Gerade bei langjährigen Kiffern ist das mit der Selbstkontrolle aber so eine Sache. Jeder Konsum birgt in sich das Risiko, wieder in das alte Konsummuster zurückzufallen. Eine Teilnehmerin von Quit the Shit stellt in einem Erfahrungsbericht dazu fest: „Ich wollte am Anfang auch immer reduzieren (nur am Wochenende) und dann macht man doch ständig unter der Woche Ausnahmen und zack ist man wieder im täglichen Konsum.“

Es mag paradox klingen, aber der Ausstieg ist oft einfacher als das Reduzieren. Das Reduzieren erfordert mehr Willenskraft und Disziplin als der Ausstieg. Denn die Entscheidung, nicht mehr kiffen zu wollen, wird nur einmal gefällt. Beim Reduzieren muss die Entscheidung, Konsum ja oder nein, immer wieder aufs Neue getroffen werden. Es erfordert ständig Willenskraft, die Entscheidung bewusst zu fällen und sich dem Sog der Sucht zu widersetzen.

Wer dennoch reduzieren möchte, sollte ein eindeutiges und messbares Ziel definieren. Das Ziel „Ich will weniger kiffen“ hilft nicht weiter. Wie viel ist weniger? Da ist der Selbstbetrug vorprogrammiert. „Ich will nur noch zu besonderen Anlässen kiffen“, ist ebenfalls zu vage. Wenn nicht klar definiert ist, was ein besonderer Anlass ist, dann könnte jede Situation zu einem besonderen Anlass werden. Eindeutig messbar ist hingegen ein Ziel wie „Ich will nur noch freitags und samstags je maximal einen Joint rauchen.“ Tag und Menge sind eindeutig definiert. So kann man auch stolz sein, wenn man es eine Woche lang geschafft hat.

Im Programm Quit the Shit haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, zunächst das Reduzieren auszuprobieren. Manche der Teilnehmenden stellen nach einer Weile aber fest, dass sie damit nicht klarkommen. Andere haben schon vor der Anmeldung vergebliche Reduzierungsversuche hinter sich und wollen das Programm dazu nutzen, endlich ganz vom Kiffen loszukommen.

2. Denke nach, warum du nicht mehr kiffen oder das Kiffen reduzieren willst

Jeder und jede hat bestimmt gute Gründe dafür, das Kiffen einzustellen oder zu reduzieren. Es ist hilfreich, sich die persönlichen Motive bewusst zu machen. Viele der Teilnehmenden von Quit the Shit wollen vor allem wieder einen klaren Kopf und ihren Alltag auf die Reihe kriegen. So hat Hannah gemerkt, dass das Kiffen sie „kaputt“ gemacht hat. „Das war kein Leben mehr und eigentlich wusste ich schon immer, dass ich irgendwann gern mal eine Familie haben will und dazu muss ich reif werden und durch das Kiffen werde ich es nicht.“

Welche Gründe auch immer für dich persönlich relevant sind, schreibe sie auf, zum Beispiel auf einen kleinen Zettel, den du immer bei dir trägst, sei es in der Handyhülle oder im Portemonnaie. So kannst du dir deine Gründe immer schnell vergegenwärtigen, wenn der Wille schwach zu werden droht.

3. Befasse dich mit deinen persönlichen Risikosituationen

Ist das Ziel definiert, solltest du nicht allein auf deine Willenskraft vertrauen. Verhaltensänderungen erfolgen selten über Nacht. Es dauert mindestens ein paar Wochen, bis alte Gewohnheiten halbwegs verdrängt und neue an ihre Stelle gerückt sind. Und selbst dann müssen ehemalige Kiffer immer wieder aufpassen.

Noch bevor du zur Tat schreitest und deinen Konsum beendest oder reduzierst, solltest du dir Zeit nehmen und dich gründlich mit den persönlichen Risikosituationen auseinandersetzen: In welchen Situationen und unter welchen Umständen kiffe ich? Welche Motive verbinde ich mit dem kiffen? Wann fällt es mir besonders schwer, aufs Kiffen zu verzichten? Diese Fragen solltest du im Vorfeld für dich klären. Am besten ist, du schreibst alles auf.

4. Entwickle Kontrollstrategien

Der nächste Schritt besteht darin, sich Kontrollstrategien zu überlegen. Das sind alternative Handlungen oder Gedanken, die helfen können, schwierige Situationen zu meistern. Wer üblicherweise abends vor dem Einschlafen kifft, sollte sich andere Einschlafrituale zulegen. Manchen Personen helfen Entspannungstechniken, andere können sich mit einem Buch in Schlummerstimmung bringen. Hier gibt es keine Patentrezepte. Wichtig ist, die für sich nützlichen Tricks zu finden – ohne bei Drogen oder Medikamenten Zuflucht zu suchen – und es auch eine Weile auszuhalten, wenn es mit dem Einschlafen nicht sofort klappt.

Trotz guter Vorbereitung kann die Gefahr eines Rückfalls besonders in den ersten Wochen dennoch hoch sein. Nicht selten erleben die Betroffenen anfangs Entzugssymptome. Rückfälle sind aber normal und sollten niemals zum Anlass genommen werden, das persönliche Ziel ganz aufzugeben. Vielmehr bieten Rückfälle auch eine Chance, für die Zukunft zu lernen und seine Kontrollstrategien zu verfeinern.

5. Finde Alternativen zum Kiffen

Für das Gelingen des Ausstiegs oder des Reduzierens sind nicht nur Strategien für Risikosituationen wichtig, auch darüber hinaus sollten sich Aussteiger und Aussteigerinnen Gedanken über die Gestaltung ihres Alltags machen. Denn jahrelanges Kiffen hat meist einen großen Raum im Alltag von Konsumierenden eingenommen. Den gilt es neu zu füllen.

Alternative Aktivitäten sollten möglichst viel Aufmerksamkeit erfordern, um sich davon abzulenken, an das Kiffen zu denken. Sport ist besonders gut geeignet. Wer sich tagsüber sportlich betätigt, ist ausgeglichener und kann abends besser einschlafen. Die Wirksamkeit von Sport im Entzug ist sogar wissenschaftlich belegt. Es gibt aber auch weniger schweißtreibende Aktivitäten, die geeignet sind, vom Kiffen abzulenken. Vielleicht gibt es Hobbys, die du aufgrund des Kiffens vernachlässigt hast und wieder aufnehmen kannst. Oder du suchst dir gezielt eine neue Tätigkeit, die dir Spaß macht und dich ausfüllt.

6. Führe ein Konsumtagebuch

Es ist empfehlenswert, in den ersten vier Wochen täglich die Fortschritte oder auch Rückschritte in ein Tagebuch zu notieren. Hast du Situationen gehabt, in denen es dir schwerfiel standhaft zu bleiben? Was hat geholfen, dem eigenen Ziel treu zu bleiben? Und wenn es nicht so gut lief, kann die Reflektion darüber auch helfen, um für die Zukunft zu lernen.

Das Schreiben ist generell eine gute Methode, die eigenen Gedanken und Gefühle besser zu verstehen und zu sortieren. Es ist empfehlenswert, das Tagebuch immer zur selben Zeit zu führen. Dabei gilt: Nicht der Umfang ist entscheidend, sondern die Regelmäßigkeit.

7. Suche dir Unterstützung

Viele Konsumierende schaffen es, den Ausstieg aus dem Kiffen in Eigenregie zu meistern. Dabei können vor allem nahestehende Menschen helfen. Das kann ein Freund oder eine Freundin sein. Erzähle, was du vorhast. Reden hilft.

Quit the Shit bietet die Möglichkeit, die Unterstützung eines professionellen Beratungsteams zu nutzen. Quit the Shit beinhaltet auch spezielle Übungen für die zuvor genannten Punkte. Die Teilnahme an Quit the Shit ist kostenfrei und weitestgehend anonym. Für die Anmeldung wird lediglich eine E-Mail-Adresse benötigt.

Wer sich lieber von Angesicht zu Angesicht beraten lassen möchte, kann sich auch an eine Beratungsstelle vor Ort wenden. Im Verzeichnis der Suchtberatungsstellen kann man eine Einrichtung in der Nähe des eigenen Wohnorts suchen. Die Hilfe in Suchtberatungsstellen ist ebenfalls kostenlos.

Fazit

Wer vor hat, den Cannabiskonsum in den Griff zu kriegen, darf sich einen Plan zurechtlegen. Dazu gehört, ein messbares Ziel zu definieren. Zur Vorbereitung gehört auch die Auseinandersetzung mit den persönlichen Gründen und den eigenen Risikosituationen sowie das Entwickeln von Kontrollstrategien. Besonders hilfreich ist es, sich neuen Aktivitäten zuzuwenden. Auf Quit the Shit gibt es weitere Tipps für den Konsumausstieg oder die Reduktion sowie die Möglichkeit, sich von einem professionellen Beratungsteam kostenfrei unterstützen zu lassen. Die wichtigsten Tipps haben wir auch in einem Animationsvideo zusammengefasst, das auf YouTube zu sehen ist.

 

*Name geändert


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