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14.08.2024
Eine Studie aus Paris vermeldet einen starken Anstieg von Nervenschäden infolge von Lachgaskonsum. Ärztinnen und Ärzte mahnen, dass Konsumierende frühe Anzeichen ernst nehmen sollten.
Bild: Josh Snow / iStock.com
Man sieht gut aussehende lächelnde junge Männer und Frauen unter Palmen am Strand. Exotische Früchte liegen auf einem Tablett. Daneben stehen mehrere große Gaskartuschen fürs Sahneschlagen, die von einer Werbestimme aus dem Off angepriesen werden. Wie bitte? Sahne am Strand? Der Hersteller von Lachgaskartuschen im XXL-Format wirbt mit einem Video auf YouTube frech mit den Vorzügen seines Produkts. Niemand im Video isst Sahne. Kein Wort zum eigentlichen Gebrauch als berauschende Droge. Aber die Botschaft ist klar.
Was der Werbeclip nicht zeigt, lässt sich in einer aktuellen Studie aus Frankreich nachlesen. Im Großraum Paris hat ein Ärzteteam Fälle von neurologischen Schäden erfasst, die der regelmäßige Freizeitkonsum von Lachgas nach sich zieht. Zwischen 2018 und 2021 wurden 181 Personen mit Nervenschäden infolge von Lachgaskonsum in einem von 78 Pariser Krankenhäusern behandelt. Die meisten Betroffenen waren zwischen 20 und 25 Jahre alt.
Ein Diagramm im Fachartikel sticht ins Auge. Es zeigt die Anzahl an Fällen Lachgas-bedingter Behandlungen auf einer Zeitachse. Vor Ende 2019 gibt es überhaupt keinen Fall. Dann nehmen die Fälle stetig zu und zeigen einen starken Anstieg in 2021. Offenbar gab es im Großraum Paris in den letzten Jahren eine bedeutsame Zunahme von schweren Nervenschäden durch den Konsum von Lachgas.
Angesichts der Zahlen aus Frankreich warnen die Deutsche Gesellschaft für Neurologie und die Deutsche Hirnstiftung vor einer Verschiebung der Konsummuster hin zu hohen und damit besonders schädlichen Dosen. Auch hierzulande würden immer mehr Menschen mit schweren neurologischen Beschwerden vorstellig werden. „Wir sehen in der Klinik immer mehr Menschen, die mit neurologischen Akut-, Subakut- oder Spätfolgen ärztlichen Rat suchen. Den Lachgaskonsum erwähnen sie in der Regel bei Erstvorstellung nicht, wohl auch, weil die meisten gar keinen Zusammenhang herstellen, erst recht, wenn es sich um Spätfolgen handelt“, erklärt Professor Gereon Fink von der Deutschen Hirnstiftung.
Im Mittel haben die Betroffenen der Pariser-Studie sechs Monate vor Beginn der Symptome mit dem Konsum begonnen. Bei manchen setzen die Symptome schon nach zwei Monaten ein. Distickstoffmonoxid, so der Fachbegriff für Lachgas, stört den Zellstoffwechsel von Vitamin-B12. Die Isolierung von Nervenbahnen wird dadurch geschädigt. Dies betrifft das Rückenmark ebenso wie das weit verzweigte Nervensystem im Körper. Die Folge sind Taubheitsgefühle, Missempfindungen und Gangstörungen bis hin zu schweren Lähmungen.
Das Gas wird meist zu Partyzwecken aus Luftballons eingeatmet. Der Rausch hält nur wenige Minuten. Manche Menschen konsumieren auf Partys viele Ballons hintereinander. Für neurologische Schäden kann nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neurologie kein Schwellenwert angeben werden, ab wann es kritisch wird. Nicht nur der Dauerkonsum, auch der akute Konsum berge Risiken, wenn viel Lachgas inhaliert wird. „So steigt mit jedem Atemzug am Lachgas-Ballon das Risiko für neurologische Folgekomplikationen“, betont Professor Peter Berlit, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.
Die Personen der Studie aus Paris zeigten überwiegend schwere Symptome, eine vollständige Heilung war selten. Die Autorinnen und Autoren vermuten eine deutlich größere Zahl von Personen mit leichteren Symptomen, die sich nicht behandeln lassen. Allerdings sollten auch erste Anzeichen wie Kribbeln oder Missempfindungen ernst genommen werden. „Je früher die Diagnose bekannt ist und eine Therapie begonnen werden kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass keine Schäden bleiben“, so der Gereon Fink.
Mehr Informationen zu den Risiken und Folgen von Lachgas gibt es im Topthema „Lachgas – kurzer Rausch mit langfristigen Folgen“.
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