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09.09.2011
Wenn der Sitznachbar im Kino völlig cool bleibt, während der Horrorfilm auf der Leinwand gerade seinem Höhepunkt entgegen strebt, dann könnte vielleicht Cannabis im Spiel sein. Auch wenn die Interpretation der Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichten Studie etwas übertrieben klingt, im Prinzip lautet die Quintessenz: Kiffer sind weniger empfänglich für angstauslösende Reize.
Bild: mediaphotos / istockphoto.com
Es gibt Fotos, die bei fast allen Menschen überall auf der Welt die gleichen emotionalen Reaktionen auslösen. Hundebabys zum Beispiel findet fast jeder Mensch süß. Verstümmelte Körper hingegen empfinden alle gesunden Menschen wohl als abstoßend. Das International Affective Picture System besteht aus einem Set solcher und anderer Fotos, die wissenschaftlich geprüft wurden, um im Testlabor bestimmte Emotionen hervorrufen zu können.
Ein italienisches Forschungsteam hat das Foto-Set in ihrer Studie eingesetzt, um herauszufinden, wie Dauerkiffer auf angstauslösende Fotos reagieren. Dabei ging es um die Intensität der emotionalen Reaktion im Vergleich zu ehemaligen Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten und einer drogenunerfahrenen Kontrollgruppe. Jede Gruppe umfasste vierzehn Personen. Die Messung erfolgte zum einen mit Hilfe standardisierter Fragebögen und zum anderen über Blutuntersuchungen, in denen der Anteil bestimmter Stresshormone ermittelt wurde.
Den Hintergrund bilden wissenschaftliche Belege dafür, dass körpereigene Cannabinoide an der Vermittlung von Angstsignalen im Gehirn beteiligt sind. Genau genommen geht es um die Amygdala, auch Mandelkern genannt. Die Amygdala ist wesentlich an der Entstehung von Angst beteiligt. Studien zeigen auf, dass THC, der Haupt-Wirkstoff von Cannabis, die Aktivität der Amygdala reduziert. Allerdings ist die Befundlage zur Wirkung von Cannabis nicht eindeutig. Denn Cannabis könne vorhandene Ängste auch verstärken und sogar psychoseähnliche Symptome hervorrufen.
In ihrer Untersuchung fanden Lorenzo Somaini und sein Team heraus, dass die Cannabiskonsumierenden tatsächlich signifikant weniger ängstlich reagierten als ehemals Konsumierende, die vor sechs Monaten ihren letzten Joint geraucht hatten. Dies zeigte sich sowohl in der Befragung als auch in der Blutuntersuchung. Die Kiffer schütteten weniger Stresshormone aus.
Personen, die aus dem Kiffen ausgestiegen sind, gaben sich in der Befragung zwar ebenfalls weniger ängstlich als die drogenfreie Kontrollgruppe. Bei der Ausschüttung an Stresshormonen unterschieden sich ehemalige Kiffer aber nicht signifikant von der Kontrollgruppe. Das Forschungsteam interpretiert dieses Ergebnis als ein Zeichen, dass sich das Gehirn der Cannabis-Aussteiger inzwischen zumindest teilweise wieder erholt hat.
Einschränkend erwähnen die Autorinnen und Autoren der Studie, dass es sich aufgrund der kleinen Stichprobe nur um erste Hinweise handelt, die in weiteren Studien überprüft werden müssen. Dennoch weisen sie darauf hin, dass die emotionale Dysfunktion bei Dauerkiffern ein Grund dafür sein könnte, dass viele von ihnen Probleme in sozialen Beziehungen haben und schlecht mit Stress umgehen können.
Quelle:
Somaini, L., Manfredini, M., Amore, M., Zaimovic, A., Raggi, M., Leonardi, C., Gerra, M., Donnini, C. & Gerra, G. (2011). Psychobiological responsest o unpleasant emotions in cannabis users. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci, DOI: 10.1007/s00406-011-0223-5. Zusammenfassung
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