Home > News > Aktuelle Meldungen > Wie die soziale Ängstlichkeit Cannabisprobleme verstärkt
14.05.2010
Studien haben zeigen können, dass Menschen mit sozialen Ängsten besonders anfällig sind für Cannabismissbrauch und Cannabisabhängigkeit. Warum das so ist, war bislang nicht geklärt. Ergebnisse einer aktuellen Studie weisen darauf hin, dass die erwartete Wirkung von Cannabis einen entscheidenden Einfluss auf das Konsumverhalten hat - allerdings anders als das Forschungsteam erwartet hatte.
Menschen mit einer sozialen Phobie - wie die Angst in der Fachsprache heißt - befürchten, in sozialen Situationen unangenehm aufzufallen oder sich lächerlich zu machen. Sie fühlen sich in Gesellschaft anderer ständig beobachtet und kritisch beäugt. Dies führt dazu, dass sie solche Situationen meiden. US-amerikanische Forschungsarbeiten weisen darauf hin, dass sozial ängstliche Menschen bis zu 7-mal häufiger eine Cannabisabhängigkeit entwickeln als gesunde Personen. Wie es dazu kommt, dass sozial Ängstliche eher Probleme aufgrund ihres Cannabiskonsums bekommen, das ist Gegenstand einer aktuellen US-amerikanischen Untersuchung gewesen.
An der Untersuchung nahmen 107 Studentinnen und Studenten teil, die in den letzten drei Monaten Cannabis konsumierte hatten. Mittels spezieller Fragebögen wurden neben der sozialen Ängstlichkeit auch Wirkungserwartungen, die sich auf den Cannabiskonsum beziehen und Probleme, die mit dem Konsum in Zusammenhang stehen erhoben.
Die Auswertung der Fragebögen zeigt, dass tatsächlich nur sozial ängstliche Personen überdurchschnittlich starke Probleme durch den Cannabiskonsum entwickelt haben. Weder das Geschlecht noch eine andere Erkrankung als die soziale Phobie hatten einen statistisch messbaren Einfluss auf das Ausmaß der vorhandenen Cannabisprobleme. Um mehr über den Zusammenhang zwischen der sozialen Phobie und dem Cannabiskonsum zu erfahren, hat das Forschungsteam eine vertiefende Analyse der Wirkungserwartungen vorgenommen. Das Instrument zur Erfassung der Wirkungserwartungen unterteilt die Antworten der Teilnehmenden in sechs unterschiedliche Kategorien: Beeinträchtigung des Denkens bzw. Verhaltensauffälligkeiten, Entspannung, Vereinfachung sozialer bzw. sexueller Beziehungen, Verbesserung der Wahrnehmung und des Denkens, allgemeine negative Effekte sowie Craving und körperliche Effekte.
Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass nur zwei Erwartungskategorien in einem direkten Zusammenhang mit der Anzahl der Probleme und der sozialen Phobie stehen: Sozial ängstliche Menschen erwarten demzufolge vom Cannabiskonsum, dass ihr Denken beeinträchtigt wird bzw. sie nach dem Konsum ein auffälliges Verhalten zeigen. Außerdem sehen sie verstärkt allgemeine negative Konsequenzen in Folge des Konsums. Hingegen scheint die Entspannung als erwartete Wirkung - anders als man vermuten könnte - keine Rolle bei den sozial ängstlichen Studentinnen und Studenten gespielt zu haben.
Doch wie kann es sein, dass Personen kiffen, weil sie negative Konsequenzen erwarten? Hierfür weiß auch das Forschungsteam keine definitive Antwort, gibt aber zwei Erklärungsmodelle: Es könne sein, dass sozial ängstliche Menschen durch den Konsum von Cannabis die negativen Gedanken, die in Folge der Erkrankung auftreten, dämpfen bzw. verlangsamen wollen. Die zweite und vom Forschungsteam favorisierte Erklärung bezieht sich auf die so genannte Self-handicapping-Theorie, demzufolge sozial ängstliche Menschen erwarten, dass sich der Cannabiskonsum negativ auf ihr Verhalten auswirkt und sie davon ausgehen, dass andere Menschen ihr Verhalten auch als Folge des Cannabiskonsum interpretieren und es nicht als Eigenschaft der Person betrachten. In anderen Worten: Die Angst, sich vor anderen lächerlich zu machen, wird dadurch besänftigt, dass sie sich tatsächlich und offensichtlich nicht normal verhalten, anderen aber signalisieren können, dass es auf die Cannabiswirkung zurückzuführen ist und nicht auf sie als Person.
Quelle:
Buckner, D., J. & Schmidt N., B. (2009). Social anxiety disorder and marijuana use problems: The Mediating Role of Marijuana Effect Expectancies. Depression and Anxiety, 26, 864-870.
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