Weniger Alkohol? Gewohnheiten spielen eine wichtige Rolle

13.11.2024

Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung, heißt es. Und dann? Eine Studie aus Spanien hat die Bedeutung von Gewohnheiten und Absichten für das Trinkverhalten untersucht.

Bild: Olga Ihnatsyeva / iStock.com

„Nie wieder Alkohol!“ Wenn der Schädel nach durchzechter Nacht dröhnt, mangelt es meist nicht an guten Vorsätzen, das Trinkverhalten zu ändern. Doch wie schafft man es, sich bei der nächsten Trinkgelegenheit zu mäßigen? Muss man es nur genug wollen? Welche Rolle spielen Gewohnheiten? Ein Forschungsteam aus Spanien hat 339 junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 25 Jahren dazu befragt.

In Bars, Kneipen und anderen typischen Orten, wo junge Menschen der spanischen Stadt Huelva sich treffen, wurden die Teilnehmenden zur Studie eingeladen. In der Befragung interessierten sich Studienleiter Fermín Fernández-Calderón und sein Team vor allem für schützende Verhaltensstrategien. Es ging um die Frage, welche konkreten Absichten die jungen Erwachsenen haben, die darauf abzielen, in Zukunft weniger zu trinken. Zudem hat das Team zwei Monate später danach gefragt, wie es den Teilnehmenden gelungen ist, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Absichten und Einstellungen beeinflussen unser Verhalten

Im Rahmen der Studie wurden fünf konkrete Strategien unterschieden, die darauf abzielen, bestimmte riskante Verhaltensweisen zu vermeiden. Es ging darum, …

  1. die Teilnahme an Trinkspielen zu vermeiden.
  2. langsam zu trinken, anstatt „auf ex zu kippen“.
  3. nicht verschiedene alkoholische Getränke zu mischen.
  4. nicht „vorzuglühen“, also kein Alkohol vor dem Ausgehen zu trinken.
  5. nicht zu versuchen, mit den anderen mitzuhalten.

Dahinter steht die Annahme, dass unser Verhalten durch Absichten beeinflusst wird. Absichten wurzeln wiederum in den generellen Einstellungen, die wir einer Sache gegenüber haben. Wenn ich beispielsweise dem Alkoholkater gegenüber besonders kritisch eingestellt bin, siehe Textanfang, könnte sich daraus die Absicht bilden, weniger zu trinken.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Trinkverhalten durchaus davon abhängt, wie stark die Absichten der Teilnehmenden waren, Strategien zur Senkung des Alkoholkonsums anzuwenden. Wer beispielsweise die Absicht hatte, nicht bei Trinkspielen mitzumachen, tat dies auch seltener. Je stärker die Absicht, desto eher konnten die Teilnehmenden diese in den nächsten zwei Monaten in die Tat umsetzen. Allerdings traf dies natürlich nicht immer zu. Wie wir uns verhalten, ist nicht nur von bewussten Absichten abhängig.

Gewohnheiten sind hilfreich

Unser Verhalten wird auch von unbewussten Prozessen bestimmt. Ein wichtiger Aspekt sind Gewohnheiten. Die Forschenden haben sich daher zusätzlich zu den Einstellungen und Absichten der Teilnehmenden auch ihre Gewohnheiten angeschaut. Es wurde beispielsweise gefragt, ob es für die Person üblich ist, nicht bei Trinkspielen mitzumachen oder auf das „Vorglühen“ zu verzichten.

Die Analysen bestätigten, dass Gewohnheiten einen bedeutsamen Effekt haben. Gewohnheiten haben sich nicht nur auf die Absichten ausgewirkt, sondern auch direkt das Verhalten beeinflusst. Wer beispielsweise gewohnt war, nicht an Trinkspielen teilzunehmen, hat mit größerer Wahrscheinlichkeit weiterhin nicht an Trinkspielen teilgenommen.

Die Erkenntnis klingt vielleicht nicht allzu überraschend, verdeutlicht aber, warum die Absicht „Nie wieder Alkohol!“ oftmals scheitert. Denn auch „schlechte“ Gewohnheiten bahnen sich trotz bester Absichten immer wieder ihren Weg. Der Wille zur Veränderung mag zwar stark sein, Willenskraft allein hilft aber nicht.

Wenn-dann-Pläne zur Bildung von schützenden Gewohnheiten

Auch spielt Zeit eine Rolle. Die Kluft zwischen Absicht und tatsächlichem Verhalten wird größer, je mehr Zeit verstreicht. Eine Woche nach dem Kater schützt die Erinnerung daran vielleicht noch, aber zwei Monate später verblasst die „Wirkung“.

Den Effekt der Gewohnheit könne man sich allerdings auch zunutze machen, erklären die Forschenden. Sie empfehlen bewusst Gewohnheiten aufzubauen durch so genannte „Wenn-Dann-Pläne“. Das können Sätze sein, wie: „Wenn mir ein Getränk angeboten wird und ich habe noch ein Getränk, dann lehne ich es ab und trinke mein Getränk in Ruhe zu Ende.“

Die Bildung von neuen Gewohnheiten erfordert allerdings auch häufiges Wiederholen. Ebenso wie ich mir neue Französischvokabeln nicht sofort, sondern erst durchs Üben dauerhaft merke, bilden sich auch Gewohnheiten erst durch ständiges Anwenden von „Wenn-Dann-Sätzen“.

Im Programm Change your Drinking finden Interessierte eine Liste mit konkreten Tipps zur Reduzierung des Alkoholkonsums, die sie zur Bildung von „Wenn-Dann-Sätzen“ nutzen können. Angemeldete Teilnehmende können diese im Rahmen eines zweiwöchigen kostenlosen Programms einüben.

 

Quelle:

Fernández-Calderón, F.; Lozano-Rojas, O.; & Sanchez.Garcia, M. (2023). The theory of planned behaviour and alcohol protective behavioral strategies: a prostective study examining the role of habit and gender invariance. Psychology & Health, 1-20. https://doi.org/10.1080/08870446.2023.2300029


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