Home > News > Aktuelle Meldungen > Warum sich eine Nikotinabhängigkeit entwickelt - oder auch nicht
10.06.2016
Ein US-Forschungsteam hat mit einem raffiniertem Experiment untersucht, wie unterschiedlich Menschen auf Nikotin reagieren.
Bild: laboko / Fotolia.com
Nikotin ist eine seltsame Droge, zumindest aus Sicht der Suchtforschung. Denn die erste Zigarette schmeckt meist scheußlich. Dennoch werden viele Menschen abhängig von Nikotin. Wie kann es sein, dass manche Menschen sich nach wenigen Zigaretten zu abhängigen Raucherinnen und Rauchern entwickeln, andere jedoch nicht?
Ein Forschungsteam der Johns Hopkins Universität in den USA ist dieser Frage mit einem Experiment auf den Grund gegangen. Studienleiter Roland Griffiths und sein Team vermuten, dass manche Personen aufgrund genetischer Unterschiede schon in einem Frühstadium der Abhängigkeitsentwicklung positiver auf Nikotin reagieren als andere. Um dies zu testen, hat das Team 18 Personen im Alter zwischen 23 und 47 Jahren zu einem Experiment eingeladen. Die Teilnehmenden hatten noch nie oder nur sehr wenig in ihrem Leben geraucht.
Die Probandinnen und Probanden bekamen zwei identisch aussehende Pillen, die als Pille A und Pille B bezeichnet wurden. Ihnen wurde gesagt, dass eine der Pillen ein nicht wirksames Placebo enthält und die andere eine von verschiedenen Substanzen wie Nikotin, Ginseng, Guarana, Koffein, Zucker und andere. In Wirklichkeit enthielt die Wirkstoff-Pille jedoch immer Nikotin, allerdings in einer Konzentration, die etwa 10-mal niedriger sei als die einer Zigarette.
Die Testpersonen nahmen über mehrere Tage täglich beide Pillen im Abstand von mindestens zwei Stunden ein. Nach jeder Pille sollten sie die subjektiv empfundenen Wirkungen in einem Fragebogen festhalten. Am nächsten Tag bekamen sie die gleichen Pillen, jedoch ohne die Information, welche Pille A und welche B ist. Aufgabe der Testpersonen war es, Pille A und B richtig zu identifizieren. Sie mussten also zeigen, ob sie die Nikotin-Pille anhand ihrer Wirkung von der Placebo-Pille unterscheiden können. Bei Personen, denen dies nicht gelang, wurde die Dosis Nikotin schrittweise erhöht, bis sie Pille A und B an mindestens acht von zehn Tagen sicher zuordnen konnten.
In der letzten Phase des Experiments wurden die Testpersonen gefragt, welche Pille sie lieber nehmen würden, wenn sie die freie Wahl hätten. Zudem wurden sie gebeten, ihre Entscheidung zu begründen. Die Hälfte der Testpersonen entschied sich für die Nikotin-haltige Pille und begründete dies mit den positiv erlebten Wirkungen. Beispielsweise sagten sie, dass sie sich besser konzentrieren könnten, sich ihre Stimmung verbessert habe oder sie mehr Energie verspürt hätten. Die Personen wussten aber weiterhin nicht, welche Substanz tatsächlich enthalten war.
Die andere Hälfte der Testpersonen bevorzugte das Placebo. Sie begründeten ihre Entscheidung damit, dass sie die Wirkungen der anderen Pille - die Nikotin enthielt - unangenehm fanden. Sie hätten Kopfschmerzen bekommen oder ihnen sei davon schwindelig oder schlecht geworden.
Damit konnte in der Studie nachgewiesen werden, dass schon eine sehr niedrige Dosis Nikotin sowohl auf Ablehnung wie auch auf Zustimmung bei Nicht-Rauchenden stößt. Wenn eine Person nikotinabhängig ist, könnte dies darauf zurückgeführt werden, dass sie schon früh positiv auf Nikotin reagiert, während andere Personen die Wirkung lieber meiden.
Quellen:
Pressemitteilung Johns Hopkins Medicine (9.9.2015)
Duke, A. N., Johnson, M. W., Reissig, C. J. & Griffiths, R. R. (2015). Nicotine reinforcement in never-smokers. Psychopharmacology, 232, 4243-4252.
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