Warum Menschen mit ADHS besonders anfällig sind für eine Cannabisabhängigkeit

14.06.2023

Die Diagnose ADHS ist vergleichsweise oft gepaart mit einer Cannabisabhängigkeit. Warum ist das so? Ein Übersichtsartikel liefert Antworten.

Bild: Eliza / photocase.de

Eine Cannabisabhängigkeit kommt selten allein. Neben Depressionen gehört ADHS zu den häufigen Begleiterkrankungen. ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Studien zeigen, dass mehr als ein Drittel aller Cannabisabhängigen ADHS hat. Warum werden Menschen mit ADHS häufiger cannabisabhängig als andere?

Eine Forschungsgruppe der Medizinischen Universität Warschau ist dieser Frage nachgegangen. Andrzej Silczuk und sein Team durchforsteten verschiedene Studien zu diesem Thema und haben die wichtigsten Ergebnisse in einem Übersichtsartikel zusammengetragen.

Kiffen als neue Erfahrung

Demnach sei es typisch für Menschen mit ADHS, dass sie stärker als andere Menschen neue, aufregende Erfahrungen und Erlebnisse suchen. Ein Cannabisrausch kann ein solches Erlebnis sein. Dies könnte erklären, warum Menschen mit ADHS im Durchschnitt früher und häufiger zum Joint greifen als Gleichaltrige. Und umso früher Menschen anfangen zu kiffen, desto höher ist auch das Risiko, eine Abhängigkeit zu entwickeln.

Mit Cannabis gegen Unruhe und Hyperaktivität

ADHS-Symptome wie innere Unruhe, rasende Gedanken oder ein schnell aufkommendes Gefühl von Langeweile können außerdem lästig sein. Kiffen kann diese Symptome zumindest für eine Weile reduzieren. Eine Studie fand heraus, dass vor allem Menschen, bei denen sich ADHS durch Unruhe äußert, besonders häufig zu Cannabis greifen. Doch die Linderung der Symptome hält meist nur kurzfristig an. Langfristig gesehen verstärkt Cannabis die Symptome.

Menschen mit ADHS und Cannabisabhängigkeit im Belohnungsrausch

Silczuk und sein Team heben außerdem hervor, dass sowohl Cannabisabhängigkeit als auch ADHS durch ein verändertes Belohnungssystem im Gehirn gekennzeichnet sei. Menschen mit ADHS und Cannabisabhängigkeit seien vor allem auf kurzfristige Belohnungen aus. Betroffenen falle es zudem schwerer, aufkommende Impulse zu unterdrücken. Der Wunsch nach einem Cannabisrausch kann so ein Impuls sein, der mit kurzfristiger Belohnung lockt, auch wenn das Kiffen ihnen langfristig nicht guttut.  

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Zusammenhang komplex ist und auch weitere Faktoren eine Rolle spielen können. Dazu gehören zum Beispiel genetische Faktoren, Lebenserfahrungen und andere Erkrankungen, die sowohl das Risiko für ADHS als auch für eine Cannabisabhängigkeit erhöhen.

 

Quellen:

  1. Brandt, A., Rehm, J., & Lev-Ran, S. (2018). Clinical correlates of cannabis use among individuals with attention deficit hyperactivity disorder. The Journal of Nervous and Mental Disease, 206(9), 726-732. https://doi.org/10.1097/NMD.0000000000000877
  2. Gujska, J. H., Silczuk, A., Madejek, R., & Szulc, A. (2023). Exploring the Link Between Attention-Deficit Hyperactivity Disorder and Cannabis Use Disorders: A Review. Medical Science Monitor: International Medical Journal of Experimental and Clinical Research, 29, e939749-1. https://doi.org/10.12659/msm.939749
  3. Moggi, F., Schorno, D., Soravia, L. M., Mohler-Kuo, M., Estévez-Lamorte, N., Studer, J., Gmel, G. (2020). Screened Attention Deficit/Hyperactivity Disorder as a Predictor of Substance Use Initiation and Escalation in Early Adulthood and the Role of Self-Reported Conduct Disorder and Sensation Seeking: A 5-Year Longitudinal Study with Young Adult Swiss Men. Eur. Addict. Res., 26, 233–244. https://doi.org/10.1159/000508304
  4. Spera, V., Pallucchini, A., Carli, M., Maiello, M., Maremmani, A. G., Perugi, G., & Maremmani, I. (2021). Does Cannabis, cocaine and alcohol use impact differently on adult attention deficit/hyperactivity disorder clinical picture?. Journal of Clinical Medicine, 10(7), 1481. https://doi.org/10.3390/jcm10071481
  5. Zaman, T., Malowney, M., Knight, J., & Boyd, J. W. (2015). Co-occurrence of substance-related and other mental health disorders among adolescent cannabis users. Journal of Addiction Medicine, 9(4), 317-321. https://doi.org/10.1097/ADM.0000000000000138

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