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12.02.2025
Jugendliche und junge Erwachsene, die unter einer sozialen Phobie leiden, entwickeln häufiger einen problematischen Cannabiskonsum. Warum, das hat ein kanadisches Forschungsteam untersucht.
Bild: kichigin19 / stock.adobe.com
Schüchternheit ist bis zu einem bestimmten Grad normal. Bei Menschen mit sozialer Angst ist sie aber so stark, dass von einer Angststörung oder Phobie gesprochen wird. Betroffene haben eine starke Angst davor, sich beispielsweise peinlich zu benehmen und fürchten sich vor möglichen kritischen Reaktionen anderer Menschen.
Ein Forschungsteam aus Kanada weist darauf hin, dass die soziale Phobie ein ernstzunehmendes Problem in der Bevölkerung sei. Meist sind Jugendliche oder junge Erwachsene betroffen. Viele würden aber keine professionelle Hilfe aufsuchen. Auffällig sei zudem, dass Menschen mit sozialer Phobie öfter als andere einen problematischen Cannabiskonsum entwickeln. Fragt sich, warum das so ist.
Studienleiter Bernard Le Foll und sein Team haben junge Erwachsene mit und ohne soziale Phobie dazu befragt. Für beide Gruppen konnten die Forschenden jeweils 26 Personen gewinnen und per Video-Call zu ihrer Motivation fürs Kiffen interviewen. In beiden Gruppen lag der Altersschnitt zwischen 27 und 28 Jahren.
Die Personen beider Gruppen konsumierten regelmäßig Cannabis. Bei den Teilnehmenden mit sozialer Phobie war der Cannabiskonsum aber etwas stärker ausgeprägt. 58 Prozent von ihnen zeigten Symptome eines problematischen Konsums. In der Gruppe ohne soziale Phobie traf dies „nur“ auf 46 Prozent zu.
Unterschiede zeigten sich auch bei den Konsummotiven. Das Forschungsteam fragte nach Motiven, die beim ersten Ausprobieren eines Joints wichtig waren, und nach Motiven, die für den fortgesetzten Konsum von Bedeutung sind. Beim Einstieg überwog zwar bei allen Befragten die Neugier auf die Wirkung, bei 42 Prozent der Personen mit sozialer Phobie waren aber oft auch so genannte Coping-Motive damit verknüpft. Betroffene benutzten Cannabis auch deshalb, weil sie sich eine gewisse Linderung von ihrer Angst erhofften.
Eine Befragte sagte beispielsweise: „Meine Grundeinstellung war, dass ich sehr ängstlich und in meinem eigenen Kopf war, und ich dachte, dass Gras würde mir dabei helfen.“ Hingegen nannte keine Person aus der Vergleichsgruppe ein Coping-Motiv für den Einstieg in den Cannabiskonsum.
Noch deutlichere Unterschiede zeigten sich, wenn nach den Motiven für den fortgesetzten Konsum gefragt wurde. 100 Prozent der Befragten mit sozialer Phobie nannten Coping-Motive, aber nur 33 Prozent der Personen ohne soziale Phobie. Anzumerken ist, dass der Konsum auch bei Personen mit sozialer Phobie nicht ausschließlich durch Coping motiviert war. Die Personen beider Gruppen gaben auch an zu kiffen, weil sie den Rausch genießen wollen oder sich Anregungen durch die bewusstseinsverändernde Wirkung versprechen.
Problematischer Konsum bis hin zur Cannabisabhängigkeit erwächst aber besonders aus Coping-Motiven, wenn das Kiffen dazu verwendet wird, um unangenehme Gefühle auszublenden. Die Forschenden erklären, dass schon in der Schule Jugendliche über das Phänomen der sozialen Phobie aufgeklärt werden könnten. Sie fordern auch, dass junge Menschen mit sozialer Phobie dazu angeregt werden sollten, sich helfen zu lassen. In der Behandlung gelte es, bessere Coping-Strategien zu entwickeln, als auf Cannabis zurückzugreifen. Soziale Phobie kann ebenso wie andere Ängste gut behandelt werden.
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