Home > News > Aktuelle Meldungen > Veränderte Hirnstruktur bei chronischem Kokainkonsum
23.12.2011
Ein britisches Forschungsteam fand strukturelle Veränderungen des Hirnvolumens bei Kokainkonsumierenden. Die Studie soll zudem Hinweise darauf geben, warum manche Menschen eine Kokainabhängigkeit entwickeln.
Bild: angelhell / istockphoto.com
Der Bereich des Vorderhirns ist maßgeblich für die Entscheidungsfindung und die Kontrolle unserer Handlungen zuständig. Ist das Vorderhirn in seiner Funktion gestört, zeigt sich dies in besonders impulsivem und unkontrolliertem Verhalten. Ein britisches Forschungsteam unter der Leitung von Karen Ersche von der University of Cambridge hat herausgefunden, dass Kokainkonsum mit einem Rückgang an Hirnmasse im Bereich des Vorderhirns in Zusammenhang steht. Gleichzeitig entdeckte das Team eine vergrößerte Hirnstruktur in den Basalganglien, die eine wichtige Rolle für das Belohnungssystem spielen. Die Ergebnisse sind kürzlich in der Fachzeitschrift Brain erschienen.
Studienleiterin Karen Ersche und ihr Team untersuchten 120 Personen mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT), einem bildgebenden Verfahren, mit dem auch feine Hirnstrukturen sichtbar gemacht werden können. Die Hälfte der Untersuchungspersonen war kokainabhängig. Nach Angaben des Forschungsteams sei dies eine vergleichsweise große Stichprobe für eine MRT-Studie.
Den Ergebnissen zufolge war der Rückgang der Hirnmasse umso stärker ausgeprägt, je länger die Personen Kokain konsumierten. Das verminderte Hirnvolumen stand zudem in Zusammenhang mit einem stärker ausgeprägten zwanghaftem Konsumverhalten, das eines der Kennzeichen einer Kokainabhängigkeit ist. Tests zur Aufmerksamkeitssteuerung zeigten ebenfalls Defizite: Kokainkonsumierende hatte Probleme, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren und waren langsamer bei Aufgaben, in denen eine schnelle Entscheidungs- und Reaktionsfähigkeit gefragt war.
Hingegen gab es keinen Zusammenhang zwischen dem Konsummuster und dem vergrößerten Hirnareal, das für das Belohnungssystem von Bedeutung ist. Das Forschungsteam deutet dieses Ergebnis als Hinweis darauf, dass der strukturelle Unterschied möglicherweise schon vor Beginn des Kokainkonsums vorhanden war. Diese Personen könnten somit empfänglicher sein für die belohnende Wirkung des Kokains als die Kontrollgruppe, weil ihr Gehirn besonders stark auf Kokain reagiert.
„Diese Studie gibt wichtige Einblicke darin, warum manche Menschen eher eine Drogenabhängigkeit entwickeln“, sagt Studienleiterin Karen Ersche. Denn obwohl Kokain ein hohes Abhängigkeitspotenzial habe, würden längst nicht alle Konsumierenden abhängig werden. Die Ergebnisse würden zeigen, dass Kokainabhängigkeit eine Funktionsstörung des Gehirns sei. Auf dieser Grundlage könnten möglicherweise neue Behandlungsstrategien entwickelt werden. Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass die Studie von dem Pharmakonzern GlaxoSmithKline finanziert wurde.
Einschränkend ist zu erwähnen, dass viele der Kokainkonsumierenden auch eine Alkoholabhängigkeit aufwiesen sowie andere Drogen konsumierten. Aufgabe zukünftiger Studien sei es daher, unterschiedliche Typen von Kokainkonsumierenden zu untersuchen, um den zusätzlichen Einfluss anderer Substanzen zu testen.
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