Stress lass nach oder warum Kiffen keine Lösung ist

10.03.2021

Kritische Lebensereignisse können besonderen Stress auslösen. Manche Menschen greifen dann verstärkt zu Cannabis. Der Umgang mit den eigenen Gefühlen scheint dabei eine Rolle zu spielen.

Bild: Lucas1989 / photocase.de

Der Tod einer nahestehenden Person kann das eigene Leben nachhaltig verändern. Auch weniger dramatische Ereignisse wie ein Schulwechsel oder der Umzug in eine neue Stadt können besondere Herausforderungen mit sich bringen. In der Psychologie wird von „kritischen Lebensereignissen“ gesprochen.

Kritische Lebensereignisse lösen Stress aus, und Menschen unterscheiden sich darin, wie sie mit Stress umgehen. Bisherige Studien legen den Schluss nahe, dass Stress und kritische Lebensereignisse mit Cannabiskonsum in Zusammenhang stehen können. Aber klar ist auch: Nicht jede Person, die einen Umbruch in ihrem Leben erlebt, greift verstärkt zu Cannabis. Denkbar ist, dass der generelle Umgang mit den eigenen Gefühlen einen Einfluss darauf hat, wie sich kritische Lebensereignisse auf die Person auswirkt. Zwei Forscherinnen aus den USA haben dies in einer Studie überprüft.

Jessica Cavalli und Anita Cservenka haben eine Online-Befragung durchgeführt, an der über 800 cannabiserfahrene Personen teilgenommen haben. Das Durchschnittsalter betrug 27 Jahre. In der Befragung ging es um kritische Lebensereignisse und den Umgang mit Stress sowie um Probleme, die die Befragten als Folge ihres Cannabiskonsums wahrnehmen.

Kiffen zur „Bewältigung“ von Stress

Die Ergebnisse machen deutlich: Je mehr kritische Lebensereignisse eine Person erlebt hat und je schwerwiegender diese waren, desto wahrscheinlicher war, dass ihr Cannabiskonsum Probleme nach sich gezogen hat. Das können so unterschiedliche Probleme sein, wie Konflikte mit nahestehenden Personen, der Verlust des Arbeitsplatzes oder einfach nur das Gefühl, wenig Energie zu haben.

Der Zusammenhang zwischen kritischen Lebensereignissen und problematischem Cannabiskonsum war umso ausgeprägter, je stärker die Befragten von Problemen im Umgang mit ihren Gefühlen berichteten. Die Forscherinnen sprechen von „emotionaler Dysregulation“. Bei Stress oder Ärger zum Joint zu greifen, sei in diesem Zusammenhang keine gesunde Form, mit den eigenen Emotionen, also den Gefühlen, umzugehen. Wenn Kiffen zur „Bewältigung“ von negativen Emotionen benutzt wird, werden diese eher betäubt, als produktiv verarbeitet.

Dazu passt noch ein weiteres Ergebnis der Studie: Je mehr Probleme die Befragten auf ihren Cannabiskonsum zurückführen, desto weniger Stress nehmen sie in ihrem Alltag wahr. Cavalli und Cservenka erklären, dass Stress normalerweise eine Reihe von hormonellen Prozessen im Körper auslöst. Chronischer Cannabiskonsum könne Einfluss nehmen auf diese körperlichen Vorgänge, mit der Folge, dass die konsumierende Person emotional abstumpft, also nicht mehr angemessen auf Stress reagiert.

Unklar, ob Cannabiskonsum eher Ursache oder Folge von Stress ist

Allerdings könne die Studie nicht belegen, ob Cannabiskonsum eher Ursache oder Folge von Stress ist. Cannabiskonsum könne einerseits Ursache für einen nicht angemessenen Umgang mit stressauslösenden Ereignissen sein. Andererseits müsse auch in Betracht gezogen werden, dass Stress und besonders kritische Lebensereignisse den Cannabiskonsum fördern.

Unabhängig von der Frage nach Ursache und Wirkung hat die Studie aber zeigen können, dass dem Umgang mit den eigenen Gefühlen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung stressiger Erlebnisse zukommt. In der Behandlung von problematischem Cannabiskonsum sei es nach Einschätzung der Forscherinnen daher sinnvoll, auch den Umgang mit Stress zu thematisieren und alternative Strategien zur Reduzierung von Stress zu entwickeln.

 

Quelle:

Cavalli, J. & Cservenka, A. (2021) . Emotion Dysregulation Moderates the Association Between Stress and Problematic Cannabis Use. Frontiers in Psychiatry, 11, 597789.


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