Schlechtere Leseleistung bei chronischem Cannabiskonsum

23.04.2010

Bekannt ist, dass sich häufiger und regelmäßiger Cannabiskonsum ungünstig auf kognitive Leistungen wie die Lern- und Merkfähigkeit auswirken. Ein deutsch-amerikanisches Forschungsteam hat in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass sich jahrelanges Kiffen auch auf so alltägliche Anforderungen wie das Lesen und Verstehen von Texten auswirkt.

Die Kontrolle der Augenbewegungen zählt zu den so genannten kognitiven Funktionen, die im Alltag in vielen Situationen gefordert ist. Beispielsweise sind koordinierte Augenbewegungen beim schnellen Erkennen und Überblicken von Verkehrssituationen wichtig - und natürlich beim Lesen. Letzteres fällt langjährigen Kiffern, so das Ergebnis einer aktuellen Studie, jedoch schwerer als abstinenten Personen, was unter anderem auf eine verminderte Augenkontrolle zurückgeführt wird.

Herausgefunden hat dies ein deutsch-amerikanisches Forschungsteam um Studienleiterin Lynn Huestegge. Das Team verglich die Leseleistung von 20 chronischen Langzeitkonsumierenden mit 20 Personen, die bisher noch nie gekifft haben. Als chronischer Cannabisgebrauch wurde ein Konsum von mindestens zwei Mal pro Woche innerhalb der letzten zwei Jahre definiert. Um akute Substanzwirkungen auszuschließen mussten die Personen der Cannabisgruppe mindestens 24 Stunden vor dem Versuch abstinent gewesen sein.

Das Forschungsteam formulierte 96 Sätze, die die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern leise für sich lesen sollten. Diese Sätze enthielten jeweils ein Wort, das entweder sehr kurz oder sehr lang war bzw. sehr selten oder sehr häufig in der deutschen Sprache Verwendung findet. Beim Lesen wurden die Augenbewegungen mit einem so genannten Eye-Tracker aufgezeichnet, der am Kopf der Versuchspersonen befestigt war und ihr rechtes Auge beim Lesen mit einem Infrarotstrahl abtastete. In unregelmäßigen Abständen sollten sie darüber hinaus Verständnisfragen zu den Texten beantworten.

Die Messungen zeigten, dass die chronischen Cannabiskonsumenten und -konsumentinnen deutlich langsamer waren beim Lesen als diejenigen, die noch die gekifft hatten. Besonders schlecht schnitten sie bei langen oder seltenen Worten ab. Solche Worte wurden von ihnen besonders lange fixiert, d. h. die Konsumentinnen und Konsumenten blieben deutlich länger mit ihren Blicken an ihnen „kleben“ als Versuchspersonen, die noch nie gekifft hatten.

Darüber hinaus sprangen die chronischen Kiffer deutlich häufiger mit ihren Augen an den Anfang des Satzes zurück und lasen ihn noch einmal. Dies deute darauf hin, dass sie sich die Inhalte der Sätze schlechter merken konnten. Als weiteren Beleg hierfür nennen die Autorinnen und Autoren der Studie auch die signifikant schlechteren Leistungen der Cannabisgruppe in den Fragen zum Textverständnis.

Chronische Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten wiesen nicht nur ein deutlich langsameres Lesetempo auf, sondern hatten auch deutlich stärkere Probleme, den Inhalt dieser Texte zu erfassen. Die Studienergebnisse würden somit zeigen, dass sich häufiger und regelmäßiger Cannabiskonsum negativ auf die Leseleistung und das Textverständnis auswirken kann - selbst im nüchternen Zustand.

Quelle:
Huestegge, L., Kunert, H.-J., Radach, R. (2010). Long-Term effects of cannabis on eye movement control in reading. Psychopharmacology, 209, 77-84.


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