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12.09.2014
Wenn andere Menschen ohne Grund als feindselig wahrgenommen werden, könnte eine Paranoia dahinterstecken. Der Cannabiswirkstoff THC kann Auslöser hierfür sein, wie ein Forschungsteam in einer experimentellen Studie nachweisen konnte.
Bild: Jo.Sephine / photocase.com
Irgendetwas stimmt hier nicht. Menschen, die unter Paranoia leiden, haben das unbestimmte oder auch sehr konkrete Gefühl, beobachtet oder verfolgt zu werden. In der Regel wird diese Situation als Bedrohung wahrgenommen.
Häufig sind paranoide Wahnvorstellungen Symptome einer Psychose. Wer paranoide Gedanken hat, ist aber nicht zwangsläufig psychotisch. Einer Studie zufolge sind gelegentlich aufkommende paranoide Gedanken durchaus verbreitet. Daniel Freeman und sein Team weisen darauf hin, dass Paranoia ein eigenständiges Phänomen sei, das unter verschiedene Bedingungen ausgelöst werden könne. So konnte das Forschungsteam nachweisen, dass sich Paranoia experimentell durch die Gabe von THC hervorrufen lässt.
Die an der Studie teilnehmenden Testpersonen wurden sorgfältig ausgewählt, da sie bestimmte Kriterien erfüllen mussten. Eine Voraussetzung war, dass sie gelegentlich paranoide Gedanken nach dem Konsum von Cannabis entwickeln. Dies sei sogar häufig der Fall bei Konsumierenden. Allerdings durften weder sie selbst noch ihre Eltern jemals an einer Psychose erkrankt sein.
Um feststellen zu können, ob paranoide Gedanken durch THC entstehen, wurde eine so genannte Doppel-Blind-Studie durchgeführt: Testpersonen bekamen entweder THC oder ein Placebo gespritzt. Weder sie selbst noch das Personal, das die Injektion vornahm, wussten, welche der beiden Substanzen gespritzt wurde. Die verwendete Menge THC entsprach laut Studienleitung ungefähr der Dosis eines starken Joints.
Es folgten mehrere Tests. Hierbei wurden Situationen hergestellt, in denen die Testpersonen zufällig auf andere Menschen trafen. In einer Situation wurden sie losgeschickt, um etwas aus der Universitätsmensa zu holen, wo sie zwangsläufig anderen Studierenden begegnen würden - eine normalerweise unverdächtige reale Situation. In einer anderen Versuchsanordnung bekamen die Testpersonen eine Videobrille aufgesetzt, mit der eine U-Bahnfahrt virtuell simuliert wurde. In der U-Bahn fuhren weitere Fahrgäste mit, die sich neutral verhielten. Anschließend füllten die Testpersonen Fragebögen aus, mit denen das Auftreten paranoider Gedanken erfassen wurde.
Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Hälfte derjenigen, die THC bekamen, erlebten Paranoia. Von den Personen, die ein Placebo bekamen, hatten nur 30 Prozent paranoide Gedanken. Das bedeutet, etwa eine von fünf Personen bekam Paranoia als direkte Folge der THC-Gabe. Interessanterweise waren auch manche Versuchspersonen, die ein Placebo erhielten, überzeugt davon, THC bekommen zu haben. Sie fühlten sich stoned. Selbst die Untersucher glaubten dies, weil sie zum Zeitpunkt der Tests nicht wussten, wer was bekam.
Zur Kontrolle wurde einer dritten Gruppe von Versuchsperson vorab verraten, dass sie THC bekommen werden und Paranoia ein Nebeneffekt sein könnte. Das Ausmaß tatsächlich ausgelöster paranoider Gedanken unterschied sich jedoch nicht signifikant von der Gruppe, die nicht wusste, dass sie THC bekommen hat.
Das Forschungsteam bezeichnet THC daher als „potenten Auslöser für Paranoia“. Sie vermuten, dass die durch den Wirkstoff ausgelösten Bewusstseinsveränderungen zu Fehlinterpretationen der Wirklichkeit führen. Paranoia sei das Ergebnis, wenn wir versuchen, aufkommenden negative Emotionen und Wahrnehmungsveränderungen einzuordnen. Denn unser Gehirn sei stets bemüht, die Gedanken in Einklang mit unserer Wahrnehmung zu bringen.
Der Konsum von Cannabis würde aber nicht bei jeder Person derartige Probleme verursachen. Und das Misstrauen in die Umwelt schwinde meist im selben Maße, wie der Wirkstoff den Blutkreislauf wieder verlässt. Die Studie weise aber deutlich nach, dass der Cannabiswirkstoff THC bei bestimmten Personen Paranoia verursachen könne.
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