Home > News > Aktuelle Meldungen > Nervenschäden im Gehirn nach einmaligem starken Rauschtrinken
28.10.2020
Eine Studie mit Vorher-Nachher-Messungen hat gezeigt: Schon ein Vollrausch schädigt Nervenverbindungen im Gehirn junger Erwachsener.
Bild: Miss X / photocase.de
In den USA ist der Alkoholkonsum erst ab 21 Jahren erlaubt. Der 21. Geburtstag ist daher für junge Erwachsene in den USA ein besonderes Ereignis, das gerne mit viel Alkohol gefeiert wird. Nach Angaben von Studienleiter John Kerns und seinem Team gäbe es eine Art „Tradition“ unter den Feiernden, die als „21 for 21“ bezeichnet wird. 21 alkoholische Getränke am 21. Geburtstag. Bedenkt man, dass bereits ab fünf Gläsern Alkohol von Rauschtrinken gesprochen wird, so dürfte der Begriff „Komasaufen“ keine Übertreibung sein.
Für ihre Studie hat das Forschungsteam 50 Studierende vor und nach ihrem 21. Geburtstag im Magnetresonanztomographen „durchleuchtet“. Das als MRT abgekürzte Verfahren kann die feinen Strukturen des Gehirns sichtbar machen. Das Forschungsteam konzentrierte sich bei den Messungen insbesondere auf die quer zwischen den Gehirnhälften verlaufende Faserverbindung, die als Corpus callosum bezeichnet wird. Frühere Studien hätten gezeigt, dass chronischer Alkoholkonsum mit Schäden in dieser Region in Verbindung steht.
Zum Zeitpunkt der Nachher-Messung gaben die Studierenden ausführlich Auskunft zu ihrem Alkoholkonsum während der Feier. Mit Hilfe einer speziellen Fragetechnik hat das Forschungsteam versucht, die getrunkene Menge Alkohol Stück für Stück zu rekonstruieren. Daraufhin schätzten die Forscherinnen und Forscher die maximale Blutalkoholkonzentration, die die Studierenden vermutlich erreicht haben.
Wie zu erwarten war, hatten alle Teilnehmenden einen Alkoholrausch an ihrem 21. Geburtstag. Manche waren nur leicht betrunken, andere fügten sich eine schwere Alkoholvergiftung zu, die durchaus tödlich hätte enden können. Schon die durchschnittliche Blutalkoholkonzentration aller Studierenden lag auf einem Level, das nach Angaben des Forschungsteams üblicherweise Erbrechen und Blackouts zur Folge hat. Tatsächlich hatten 17 der 50 Studierenden einen alkoholbedingten Blackout.
Das Zechgelage blieb nicht ohne Folgen. Den MRT-Scans zufolge ist das Corpus callosum nach der Geburtstagsfeier geschrumpft. Je höher die maximale Blutalkoholkonzentration war, desto stärker hat das Faserbündel zwischen linker und rechter Gehirnhälfte an Größe abgenommen.
In der Medizin wird der Rückgang von Gewebe Atrophie genannt. Bei Studierenden mit einem Blackout war die Atrophie besonders stark ausgeprägt. Bei einem Teil der Studierenden wurden fünf Wochen nach der Feier erneut MRT-Scans des Gehirns aufgenommen. Die Messungen zeigten weder eine Verbesserung noch eine Verschlechterung des Nervengewebes im Bereich des Corpus callosums.
Das Forschungsteam schlussfolgert, dass bereits ein einziger starker Alkoholrausch ausreichen könne, die wichtige Verbindung zwischen den Gehirnhälften zu schädigen, möglicherweise sogar nachhaltig. Zwar müsse davon ausgegangen werden, dass die Erfassung des Alkoholkonsums mit Unschärfen verbunden war, andere Studien an Menschen und Tieren seien jedoch zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Ihre Untersuchung unterstreiche daher die hohen Risiken für die Gehirnentwicklung, wenn junge Erwachsene extreme Formen des Rauschtrinkens betreiben. Die Folge könnten abnehmende geistige Leistungen sein.
Quelle:
Hua, J. P. Y., Sher, K. J., Boness, C. L., Trela, C. J., McDowell, Y. E., Merrill, A. M., Piasecki, T.. M. & Kerns, J. G. (2020). Prospective Study Examining the Effects of Extreme Drinking on Brain Structure in Emerging Adults. Alcoholism: Clinical and Experimental Research, https://doi.org/10.1111/acer.14446.
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