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16.02.2022
Der Ecstasy-Wirkstoff MDMA kann Gefühle von Nähe zu anderen Menschen verstärken. Aber werden Konsumierende auch einfühlsamer, vertrauensseliger oder kooperativer? Diese Frage wurde in einer Doppel-Blind-Studie untersucht.
Bild: Khosrork / istockphoto.com
MDMA oder ein Placebo. Die Teilnehmenden des Experiments wussten nicht, wann sie den Ecstasy-Wirkstoff oder ein wirkstofffreies Präparat erhalten. In der Wissenschaftssprache wird von „Verblindung“ gesprochen. Jede Versuchsperson nahm an zwei Sessions teil, die im Abstand von einer Woche durchgeführt wurden. Die Reihenfolge, in der MDMA oder ein Placebo verabreicht wurden, erfolgte per Zufall. Sogar die Versuchsleitenden wussten während der Sessions nicht, in welcher sie MDMA verabreichten. Damit sollte verhindert werden, dass sie den Versuchspersonen womöglich unbewusst signalisieren, in welcher Session sie eine aktive Droge bekommen. Diese Vorgehensweise wird als Doppel-Blind-Studie bezeichnet.
Wofür der ganze Aufwand? Das Forschungsteam um Studienleiterin Anna Borissova wollte der Frage auf den Grund gehen, ob MDMA Einfluss hat auf unser Sozialverhalten. Aktuell wird in Studien untersucht, ob MDMA eine Psychotherapie unterstützen kann. So könnte sich ein verstärkender Effekt auf das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die Therapeutin oder den Therapeuten positiv auf den Erfolg einer Behandlung auswirken.
Neben dem Vertrauen haben Borissova und ihr Team noch untersucht, ob MDMA auch kooperatives Verhalten und Empathie verstärkt. Letzteres bezeichnet das Einfühlungsvermögen in andere Menschen. Die drei Aspekte Vertrauen, Kooperation und Empathie hat das Team unter dem Begriff „prosoziales Verhalten“ zusammengefasst.
Die Empathiefähigkeit wurde gemessen, indem die Teilnehmenden die Intensität ihrer Gefühle einschätzen sollten, die sie nach dem Lesen einer Geschichte verspürten. Es gab sechs verschiedene Geschichten, die entweder eine fröhliche, traurige oder verärgerte Stimmung erzeugen sollte. Beispielsweise ging es in der traurigen Geschichte um eine Familie, die in einen Verkehrsunfall geriet und bei dem ein Kind starb.
Kooperatives Verhalten wurde mit Tests erfasst, die sich aus der Spieltheorie ableiten. Die Theorie geht davon aus, dass Menschen bestrebt sind, ihren Gewinn zu maximieren. Im Test wurde den Teilnehmenden ein Geldbetrag zugesprochen. Ihnen wurde gesagt, dass sie einer anderen Versuchsperson einen Teil davon abgeben können. Wie viel Geld, dass sei ihre Entscheidung. Den Restbetrag könnten sie behalten. Wenn MDMA prosozial wirken sollte, müsste das Gewinnstreben der Teilnehmenden im Vergleich zur Placebo-Session abnehmen. Unter dem Einfluss von MDMA wäre also zu erwarten, dass die Person mehr Geld an eine andere Person abgibt.
Vertrauen in andere Menschen wurde ebenfalls mit Geldbeträgen getestet. Den Teilnehmenden wurde gesagt, dass sie bis zu 500 britische Pfund, etwa 550 Euro, in 20 verschiedene Unternehmen investieren können. Ihnen wurde aber nur ein Foto des Firmenbesitzers bzw. der Besitzerin gezeigt. Sie konnten nun entscheiden, welcher Person sie wie viel Geld anvertrauen. Sofern ihre Investition sich gelohnt hat, dürften sie einen Teil davon behalten, bekamen es also wie im zuvor beschriebenen Spiel in bar ausgezahlt. Wenn MDMA das Vertrauen in andere Menschen stärken sollte, müssten sie insgesamt mehr Geld investieren als in der Placebo-Session.
Entgegen der Annahme des Forschungsteams hatte MDMA in keinem der Tests einen Effekt. Zwar berichteten die Teilnehmenden von den typischen Effekten wie Euphorie und dem Gefühl der Nähe zu anderen Menschen. Aber: Weder wurden die Teilnehmenden vertrauensseliger, noch kooperativer oder einfühlsamer im Vergleich zur Placebo-Session.
Borissova und ihr Team ziehen daraus die Schlussfolgerung, dass MDMA keine generell verstärkende Wirkung auf prosoziales Verhalten hat. Denkbar sei jedoch, dass sich MDMA in der natürlichen Lebenswelt der Konsumierenden anders auswirkt als im Labor. So gäbe es Hinweise aus anderen Studien, in der auf die Bedeutung des „Settings“ hingewiesen wird, also des Orts und der Umstände des Drogenkonsums. Dies gelte es auch für die Psychotherapie zu beachten, wenn Drogen wie MDMA hierfür eingesetzt werden sollten.
Quellen:
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