Macht Alkohol doch nicht schöner?

18.09.2015

Kann man andere Menschen „schöntrinken“? Eine Reihe von Studien hat dies schon bestätigt, eine aktuelle Studie wirft nun doch Zweifel auf.

Mann mit Schnurbart und rosa Brille guckt provokativ

Bild: Jo.Sephine / photocase.com

Sie haben es wieder getan. Bereits in den Jahren 2008 und 2012 hatte ein Forschungsteam der Universität Bristol untersucht, wie sich Alkohol auf die Beurteilung der Attraktivität anderer Menschen auswirkt. Die Ergebnisse bestätigten bislang das, was der Volksmund unter „Schöntrinken“ kennt: Andere Menschen werden umso attraktiver eingeschätzt, je mehr Alkohol im Spiel ist.

Rosarote Brille

Dieser Effekt machte sich nicht nur bei Personen bemerkbar, sogar Landschaftsaufnahmen wirkten hübscher, wenn Testpersonen Alkohol getrunken hatten. Alkohol scheint sich wie die sprichwörtliche rosarote Brille vor die Augen des Betrachters zu schieben. Da Alkohol generell die Stimmung heben kann, dürften diese Ergebnisse allerdings nicht völlig überraschend sein.

Für das Team unter der Leitung von Olivia Maynard scheint es aber eine Herzensangelegenheit zu sein, das Thema noch weiter zu beforschen. Begründung: Die bisher durchgeführten Studien würden methodische Mängel aufweisen. Vor allem die Tatsache, dass viele Ergebnisse nur im Labor ermittelt wurden, ließ dem Forschungsteam offenkundig keine Ruhe. Lebensnäher sollte die nächste Studie werden. Das hat - nebenbei bemerkt - 2003 schon mal ein Forschungsteam aus Glasgow umgesetzt und die Alltagstheorie des „Schöntrinkens“ bestätigt.

Olivia Maynard und ihr Team sind sodann in drei Pubs in Bristol einmarschiert und haben die dort anwesenden Gäste zur Teilnahme an der Studie gebeten. Ihnen wurden Fotos von Männern und Frauen vorgelegt, deren Attraktivität sie einschätzen sollten. Im Anschluss daran wurde der Alkoholpegel der Testpersonen mittels Atemmessgerät erfasst. Entgegen früheren Ergebnissen konnte das Forschungsteam nun plötzlich keinen Zusammenhang mehr zwischen der wahrgenommenen Attraktivität anderer Personen und dem Alkoholpegel des Betrachters feststellen. Geht „Schöntrinken“ also doch nicht?

Frage weiter ungeklärt

Eine klare Antwort hierauf liefert die Studie nicht. Das Team scheint seinen eigenen Ergebnissen nicht ganz zu trauen, denn ihre neue Studie würde ebenfalls methodische Schwächen aufweisen. So sei der Alkoholpegel der befragten Bargäste vergleichsweise niedrig gewesen, zumindest niedriger als in den Laborstudien. Möglicherweise werde die Einschätzung der Attraktivität aber erst bei höheren Alkoholmengen beeinflusst. Zudem konnte keine zufällige Zuordnung der Teilnehmenden in unterschiedliche Gruppen vorgenommen werden. Wer wie viel Alkohol trinkt, wird in Laborstudien per Zufall bestimmt. Im Pub entscheidet der Gast selbst. Also doch wieder zurück ins Labor?

Soweit will das Forschungsteam dann doch nicht gehen. Sie schlagen aber selbstverständlich weitere Studien vor. Am besten solle gleich eine Meta-Analyse durchgeführt werden. Vielleicht klappt es dann auch mit dem IG-Nobelpreis, eine als Satire gedachte Auszeichnung für skurrile oder unsinnige Forschung. Denn eine andere Forschungsgruppe ist für ihre Studie zum Thema „Schöntrinken“ bereits mit dem Preis „geehrt“ worden.

Quellen:

  • Jones, B. T., Jones, B. C., Thomas, A. P. & Piper, J. (2003). Alcohol consumption increases attractiveness ratings of opposite-sex faces: a possible third route to risky sex. Addiction, 98(8), 1069-1075.
  • Maynard, O. M., Skinner, A. L., Troy, D. M., Attwood, A. S. & Munafò, M. R. (2015). Association of Alcohol Consumption with Perception of Attractiveness in a Naturalistic Environment. Alcohol and Alcoholism, doi: 10.1093/alcalc/agv096.

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