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19.02.2025
Menschen, die stimulierende Drogen wie Kokain oder Crystal konsumieren, leiden vergleichsweise häufig unter Depressionen. Forschende aus Australien haben die Frage nach Ursache und Wirkung in einer Übersichtsarbeit beleuchtet.
Bild: Wordley Calvo Stock / stock.adobe.com
Eine Line Crystal oder Kokain und Müdigkeit ist wie weggeblasen. Stimulierende Drogen treiben den Körper zu Höchstleistungen an und heben die Stimmung. Studien legen aber nahe, dass Menschen, die Stimulanzien konsumieren, öfter unter Depressionen leiden. Wie passt das zusammen?
Forschende aus Australien haben Forschungsarbeiten zum Thema gesichtet, in denen die Teilnehmenden über einen längeren Zeitraum mehrmals befragt wurden. In diesen Studien wurde unter anderem untersucht, was zuerst aufgetreten ist: Drogenkonsum oder die psychische Störung.
Studienleiterin Zoe Duncan und ihr Team haben mehrere Studien identifizieren können, in denen eine eindeutige Verbindung zwischen Methamphetamin und Kokain mit Depressionen nachgewiesen werden konnte. Stellt sich die Frage: Ist der Konsum von Methamphetamin oder Kokain ursächlich für Depressionen verantwortlich? Oder ist es andersherum? Denkbar ist auch, dass Drogenkonsum und Depressionen gleichzeitig durch andere zugrundeliegende Ursachen beeinflusst werden.
Einige Studien lieferten Hinweise, dass der Konsum von Methamphetamin der Depression vorausgeht. Das bedeutet: Die Droge Crystal könnte tatsächlich eine Ursache dafür sein, dass die konsumierende Person depressiv wird. Für Kokain war die Studienlage nicht ganz so klar, deutet aber ebenfalls in diese Richtung.
Die Annahme, dass häufiger Konsum von Stimulanzien Depressionen auslösen kann, sei nach Aussage des Forschungsteams biologisch durchaus plausibel. Denn stimulierende Drogen beeinflussen körpereigene Botenstoffe wie Dopamin, Serotonin oder Noradrenalin. Diese Botenstoffe sind in einen komplexen Regelkreislauf eingebunden, der unter anderem unsere Stimmung steuert. Stimulanzien können diesen Kreislauf nachhaltig stören. Dies spüren Personen mit einer Abhängigkeit von Crystal oder Kokain vor allem im Entzug. Der ist dann häufig von Depressionen geprägt.
Gleichzeitig fanden die Forschenden aber auch Hinweise für die so genannte „Selbstmedikations-Hypothese“. Gemeint ist, dass Menschen mit depressiven Symptomen zu Stimulanzien greifen, um sich Erleichterung zu verschaffen. Crystal und Kokain sind zumindest kurzfristig in der Lage, Zweifel an der eigenen Person zu vertreiben, Grübeleien ein Ende zu bereiten und Platz zu machen für ein erhöhtes Selbstbewusstsein. Genau daran mangelt es Menschen, wenn sie unter einer Depression leiden.
Duncan und ihr Team weisen aber auch darauf hin, dass Drogenkonsum und psychiatrische Probleme zumindest in Teilen die gleiche genetische Grundlage haben, also nicht unbedingt miteinander zusammenhängen, sondern unabhängig voneinander durch gemeinsame Gene beeinflusst werden. Und um die ganze Sache noch zu verkomplizieren, müsse auch eine wechselseitige Beziehung in Betracht gezogen werden. Denn auch wenn Depressionen womöglich den Griff zu Stimulanzien fördern, können diese Drogen ihrerseits die Krankheit verschlimmern.
Ihre Ergebnisse würden nach Einschätzung der Forschenden vor allem eines verdeutlichen: In der Behandlung von Suchtproblemen sollte immer auch die mentale Gesundheit der Betroffenen in den Blick genommen werden. Letztlich müsse davon ausgegangen werden, dass sich Drogenkonsum und die psychische Gesundheit wechselseitig beeinflussen.
Erste Anlaufstellen bei Suchtproblemen sind Suchtberatungsstellen vor Ort oder die Online-Suchtberatung. Die Suchtberatung ist kostenlos und anonym nutzbar. Weitere Hilfemöglichkeiten bei akuten Problemen:
Quelle:
Duncan, Z., Ward, B., Kippen, R., Dietze, P. & Sutton, K. (2024). A narrative systematic review of associations and temporality between use of methamphetamine, ecstasy/MDMA, or cocaine with anxiety or depressive symptoms. Addictive Behaviors, 153, 107988, https://doi.org/10.1016/j.addbeh.2024.107988
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