"Let's get high nigga"

08.02.2008

Ein Forschungsteam hat herausgefunden, dass jeder dritte Popsong von Drogen handelt. Klingt erstmal nicht gerade spektakulär. Denn die Erkenntnis, dass Rock’n Roll irgendwie auch was mit Drogen zu tun hat, dürfte kaum eine Meldung wert sein. Die Autorinnen und Autoren der Medienanalyse warnen allerdings, dass die vielfache Beschallung mit „drogenhaltiger“ Musik ähnliche Effekte haben könnte, wie der bereits nachgewiesene Einfluss rauchender Leinwandfiguren in Spielfilmen auf den Raucheinstieg unter Jugendlichen. Sie haben ausgerechnet, dass amerikanische Teenager im Schnitt über 80-mal am Tag mit Songtexten beschallt werden, in denen der Konsum von Zigaretten, Alkohol oder Drogen überwiegend positiv dargestellt werde.

Studien zum Rauchen in Spielfilmen haben in der Vergangenheit bereits zeigen können, dass es einen direkten Zusammenhang gibt zwischen rauchenden Leinwandfiguren und dem Einstieg in das Rauchen (drugcom berichtete). Besonders junge Menschen lassen sich durch Filmfiguren in ihrem Verhalten beeinflussen, hat die Forschung gezeigt. Darauf verweist auch das Forschungsteam um den Leiter Brian Primack in seinem aktuell veröffentlichten Artikel. Da liege die Annahme nahe, dass auch andere Medien einen Einfluss auf die Einstellungen und Verhaltensweisen junger Menschen haben. Aus diesem Grund hat sich das Forschungsteam die Frage gestellt, wie häufig der amerikanische Durchschnittsteenager wohl durch Musik beschallt wird, in denen explizit über den Konsum von Zigaretten, Alkohol und Drogen gesungen oder gerappt wird.

Grundlage der Medienanalyse waren die populärsten Songs aus dem Jahre 2005. Nach Recherche im US-Musikfachblatt „Billboard Magazin“ blieben 279 für die weitere Analyse übrig. Zu den untersuchten Genres zählen Pop, Rock, Country, Rap, Hip-Hop und Rhythm & Blues. Alle Songs wurden von mindestens zwei Personen hinsichtlich verschiedener Kriterien bewertet. Dabei ging es neben der Frage, ob Zigaretten, Alkohol oder Drogen thematisiert wurden, auch darum, ob dies positiv oder negativ dargestellt wird.

Den Ergebnissen zufolge fanden sich in 34 Prozent der Songs explizite Verweise auf Substanzkonsum. In den meisten Fällen wird Alkohol thematisiert (24%), gefolgt von Marihuana (14%) und anderen illegalen Drogen (12%). Das Rauchen von Zigaretten wird nur in etwa 3 Prozent der Songs erwähnt. Songtexte wie „Let’s get high nigga“ oder „These G-Unit girls just wanna have fun/Coke an Rum/Got weed on the ton“ werden als Beispiele für die explizite Erwähnung von Marihuana oder Kokain genannt. In zwei Dritteln aller Songs würden die Konsequenzen des Substanzkonsums zudem positiv dargestellt.

Nicht verwundern dürfte, dass vor allem Rap-Musik häufig von Drogenkonsum handelt. Im Schnitt würden über 80 Zitate in einer Stunde Sprechgesang zu finden sein, die auf den Konsum von Drogen verweisen. In der Kategorie Alkohol führt Countrymusik mit 30 expliziten Textstellen pro Stunde. So gut wie drogenfrei hingegen ist die ganz normale Popmusik mit nur zwei „drogenhaltigen“ Textpassagen in einer Stunde Musik.

Nach Medienanalysen würden amerikanische Teenager im Schnitt rund zweieinhalb Stunden Musik pro Tag hören, schreibt das Wissenschaftlerteam. Hochgerechnet würden Teenager im Alter zwischen 15 und 18 Jahren somit allein durch das Hören von Musik etwa 84-mal pro Tag zumindest akustisch mit den Konsum von Alkohol oder anderen Drogen konfrontiert. Im Jahr sind das über 30.000 Zitate über Substanzkonsum, die Teenagern zu Ohren kommen. Vor allem wegen der meist positiv dargestellten Konsequenzen des Substanzkonsums sei dies ein Problem, so die Autorinnen und Autoren. Nur in vier von 272 Songs fand das Forschungsteam explizite Anti-Drogen-Messages. Alle vier waren Rocksongs.

Quelle:
Primack, B. A., Dalton, M. A., Carrol, M. V. et al. (2008). Content Analysis of Tobacco, Alcohol, and Other Drugs in Popular Music, Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine, 162, 169-175. Abstract


Kommentare

Kommentare

Um Kommentare schreiben zu können, musst du dich anmelden oder registrieren.