Home > News > Aktuelle Meldungen > Kokain-Konsum in Deutschland offenbar höher als vermutet
16.11.2005
Mit Hilfe eines neuen Verfahrens wurden deutsche Flüsse auf Rückstände von Kokain untersucht. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf den Kokainkonsum der Deutschen zu, der demzufolge deutlich über offiziellen Schätzungen liegt.
Forscherinnen und Forscher haben in 15 deutschen Flüssen nach Benzoylecgonin (BE), dem Abbauprodukt von Kokain gefahndet. BE entsteht im menschlichen Körper durch Verstoffwechselung von Kokain. Ein anderer Entstehungsprozess ist bislang nicht bekannt. Die Leitung der Studie oblag dem Nürnberger Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung (IBMP), das bereits Kokainspuren auf den Toiletten des Bundestages und auf deutschen Euro-Scheinen nachgewiesen hat.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben zwei Wochen lang Wasser aus der Mitte der Flüsse sowie in der Nähe von Klärwerken abgeschöpft. Dabei zeigte sich, dass die Konzentration von Benzoylecgonin dort, wo Klärwerke ihr Wasser in die Flüsse einleiten, deutlich ansteigt. Durch Hochrechnung kommt das Team um Prof. Sörgel zu bemerkenswerten Ergebnissen: Wasserproben des Rheins ergaben zum Beispiel, dass täglich die Abbauprodukte von 30 Kilogramm reinem Kokain durch die Abwässer in den Fluss gelangen. Das soll in etwa einem Straßenwert von 4,5 Millionen Euro entsprechen. Aufs Jahr gerechnet würden demnach allein von den Rhein-Anwohnern 1,64 Milliarden Euro für elf Tonnen Kokain ausgegeben. Die Analysen von Wasserproben der anderen Flüsse zeichneten ein ähnliches Bild.
Auf der Grundlage von repräsentativen Befragungen ging die Bundesregierung noch im Jahr 2004 davon aus, dass 0,8 Prozent der 18- bis 59-Jährigen Deutschen mindestens einmal im Jahr Kokain konsumieren. Der Leiter der Studie Prof. Fritz Sörgel fordert, die Drogenstatistik nach oben zu korrigieren. „In Wahrheit sind es wohl dreimal so viele“, meint Sörgel in der Sendung stern TV.
Das Verfahren wurde bereits im italienischen Fluss Po und der Londoner Themse eingesetzt. Die Ergebnisse weisen auch dort darauf hin, dass deutlich mehr gekokst wird, als dies Befragungen nahe legen.
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