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05.11.2025
Gene, Umwelt, Cannabis, was davon ist entscheidend, wenn es um psychoseähnliche Symptome bei Jugendlichen geht? Eine Studie mit Zwillingen ist dieser Frage nachgegangen.

Bild: IrenaV / iStock.com
Stimmen hören, sich verfolgt fühlen oder der Eindruck, dass andere die eigenen Gedanken lesen können. Das sind Beispiele für psychoseähnliche Erfahrungen. In der Jugend können solche Symptome vereinzelt auftreten, ohne dass schon eine „richtige“ Psychose damit verbunden ist. Sie können aber auch Vorboten einer sich beginnenden Psychose sein. In einer türkischen Studie mit Zwillingen wurde der Frage nachgegangen, ob Cannabiskonsum im Jugendalter mit einer erhöhten Häufigkeit solcher Erlebnisse zusammenhängt.
217 Jugendliche im Alter von 14 bis 24 Jahren haben an der Studie teilgenommen. Timothea Toulopoulou und ihr Team benutzten spezielle Fragebögen, um das Ausmaß psychoseähnlicher Erfahrungen zu erfassen. Außerdem nutzten sie die Magnetresonanztomografie. Das ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem die Forschenden das so genannte Salienznetzwerk im Gehirn untersucht haben. Das Salienznetzwerk umfasst bestimmte Hirnareale und ist unter anderem wichtig dafür, aus den vielen Reizen, die wir aus der Umwelt erhalten, die bedeutsamen herauszufiltern. Es kann auch bei Psychosen eine Rolle spielen, wenn diese Filterfunktion nicht richtig funktioniert.
Ein wichtiger Aspekt ist, dass sich die Studie auf den gelegentlichen Freizeitkonsum konzentriert hat. Jugendliche, die täglich konsumierten, wurden ausgeschlossen. 29 Prozent der Teilnehmenden gaben an, wenigstens hin und wieder Cannabis zu konsumieren. Alle anderen hatten keine oder so gut wie keine Erfahrung mit Cannabis.
Die Ergebnisse zeigten: Jugendliche und junge Erwachsene, die Cannabis konsumiert hatten, berichteten häufiger von psychoseähnlichen Erfahrungen als Nicht-Konsumierende. Die Forschenden fanden außerdem einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit solcher Erlebnisse und der Funktion des Salienznetzwerks.
Allerdings konnten die Ergebnisse zur Hirnaktivität nicht den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und psychoseähnlichen Erfahrungen erklären. Der gelegentliche Cannabiskonsum scheint sich nicht bedeutsam auf die Aktivität dieses wichtigen Netzwerks im Gehirn auszuwirken. Dennoch machen konsumierende Jugendliche häufiger psychoseähnliche Erfahrungen. Wie lässt sich das erklären? Spielen die Gene eine Rolle?
Dazu führten die Forschenden eine Analyse mit eineiigen und zweieiigen Zwillingen durch. Damit lässt sich herausfinden, wie stark der Einfluss der Gene ist. Den Ergebnissen zufolge waren genetische Faktoren aber nicht entscheidend. Vielmehr würden individuelle Umwelteinflüsse den Zusammenhang zwischen Cannabis und psychoseähnlichen Erfahrungen besser erklären. Solche Umwelteinflüsse können beispielsweise der Freundeskreis, stressige Erfahrungen oder auch traumatische Erlebnisse sein.
Die Forschenden folgern daraus, dass der Freizeitkonsum von Cannabis bei Jugendlichen zwar mit psychoseähnlichen Erfahrungen einhergehen könne, diese aber vermutlich nicht zu dauerhaften Hirnveränderungen führt und auch nicht gänzlich durch eine genetische Vorbelastung erklärbar seien. Andere Dinge aus dem Lebensumfeld Jugendlicher seien wichtiger, wenn es um Cannabiskonsum und psychoseähnliche Erlebnisse gehe. Psychoseähnliche Erfahrungen seien häufig vermutlich nur vorübergehend, sollten aber ernst genommen werden.
Einschränkend erwähnen die Forschenden auch, dass ihre Studie nur gelegentlichen Cannabiskonsum untersucht hat. Denn in der Forschung finden sich bei stärkerem Konsum in der Jugend sehr wohl Hinweise auf Gehirnveränderungen und einem erhöhten Psychoserisiko.
Wer ein Risikoprofil für den eigenen Cannabiskonsum erstellen möchte, kann dies mit dem Selbsttest Cannabis Check machen. Der Test umfasst auch das Risiko für Psychose.
Quelle:
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