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24.09.2010
Was bestimmt unser Verhalten? Welchen Anteil haben unsere Gene? Mit diesen Fragen befassen sich unzählige Studien. Auch beim Konsum von Cannabis haben sich Forscherinnen und Forscher der Frage angenommen. Ist womöglich sogar der Einstieg in den Konsum genetisch bedingt? Ein internationales Forschungsteam hat nun in einer Meta-Analyse die bisherigen Studien hierzu zusammengefasst, um die teils widersprüchlichen Ergebnisse zu klären.
Bei der Frage, welchen Anteil die Gene oder die Umwelt an einem bestimmten Verhalten haben, liefern vor allem Studien mit eineiigen und zweieiigen Zwillingen Aufschluss. Hierdurch können der Einfluss der Gene, gemeinsam geteilte Umwelteinflüsse und ungeteilte Umwelteinflüsse untersucht werden.
Wäre der Cannabiskonsum - theoretisch angenommen - ausschließlich genetisch geprägt, müssten bei eineiigen Zwillingspaaren immer beide oder keiner kiffen. Bei zweieiigen Zwillingen hingegen läge die Wahrscheinlichkeit bei 50 Prozent, dass der eine kifft, wenn der andere es tut, da der Anteil gemeinsamer Gene etwa 50 Prozent beträgt. Würden ausschließlich geteilte Umweltbedingungen wie zum Beispiel die Eltern oder die Wohnumgebung den Cannabiskonsum bestimmen, würden immer 100 % der eineiigen und zweieiige Zwillingspaare kiffen oder nicht kiffen, sofern sie gemeinsam aufwachsen. Wenn jedoch Umweltfaktoren, die nicht von beiden geteilt werden, entscheidend sind -beispielsweise unterschiedliche Freunde oder besondere Lebensereignisse, die nur einen betreffen - dann dürfte sich weder bei eineiigen noch bei zweieiigen Zwillingen ein statistischer Zusammenhang finden, also 0 Prozent.
Zahlreiche Zwillingsstudien wurden bereits durchgeführt, um die Faktoren, die einerseits den Einstieg in den Cannabiskonsum und andererseits die Entwicklung eines problematischen Cannabiskonsums bestimmen, zu untersuchen. Dabei haben sich allerdings zum Teil widersprüchliche Ergebnisse gezeigt. Dies mag unter anderem daran liegen, dass die jeweiligen Stichproben zu klein sind, um zuverlässige Ergebnisse zu erzielen. In einer Meta-Analyse werden hingegen viele kleine Studien zusammengefasst, so dass sich eine große Stichprobe ergibt. Dies hat ein internationales Forschungsteam um Studienleiterin Karin Verweij getan, um genetische und Umweltfaktoren auf ihre Bedeutung für den Cannabiskonsum hin zu untersuchen.
Dazu hat das Team alle relevanten Studien, die zu diesem Thema durchgeführt wurden, zusammengefasst. 126 Studien wurden in einer ersten Recherche gefunden. Schließlich gingen 37 Einzelstudien in die Analyse ein. Bei der Auswertung der Studien wurde nach Frauen und Männern unterschieden.
Aus den Daten lässt sich schließen, dass der Einstieg in den Cannabiskonsum bei Männern zu 48 Prozent durch die Gene, zu 25 % durch geteilte Umwelteinflüsse und zu 27 Prozent durch ungeteilte Umwelteinflüsse bestimmt wird. Die Werte bei Frauen lagen bei 40, 39 und 21 Prozent. Der problematische Cannabiskonsum hingegen wird bei Männern zu 51 Prozent durch die Gene, zu 20 Prozent durch geteilte Umwelteinflüsse und zu 29 Prozent durch ungeteilte Umweltbedingungen bestimmt. Die Ergebnisse für Frauen lagen bei 59, 15 und 26 Prozent.
Was heißt das? Zunächst einmal lässt sich ablesen, dass Umwelt- und erbliche Faktoren einen etwa gleich großen Einfluss auf das Verhalten ausüben, wenn man geteilte und ungeteilte Umwelteinflüsse zusammen nimmt. Das kann als durchaus erstaunlich gewertet werden, heißt das doch, dass schon der Einstieg in den Cannabiskonsum zu großen Teilen durch die Gene bestimmt wird. Die Entwicklung eines problematischen Cannabiskonsums ist sogar noch stärker davon abhängig, welche Gene wir in uns tragen. Dies führen die Autorinnen und Autoren der Studie darauf zurück, dass beim Konsumeinstieg Faktoren wie die leichte Verfügbarkeit oder der Konsum von Gleichaltrigen eine größere Rolle spielen als für die Fortsetzung des Konsums.
Zudem zeigte sich, dass Männer und Frauen unterschiedlich stark durch Gene und Umweltfaktoren beeinflusst werden. Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen jedoch, dass die Ergebnisse letztlich deutlich machen, dass sich Cannabiskonsum nicht durch einen Faktor erklären lasse, sondern sowohl durch genetische wie auch Umweltbedingungen bedingt sei.
Quelle:
Verweij, K. J. H., Zietsch, B. P., Lynskey, M. T. , Medland, S. E., Neale, M. C., Martin, N. G., Boomsma, D. I. & Vink, J. M. (2010). Genetic and environmental influences on cannabis use initiation and problematic use: a meta-analysis of twin studies. Addiction, 105, 417-430.
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