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02.04.2025
In München hat ein Forschungsteam feiernde junge Menschen mit kleinen mobilen EKG-Geräten ausgestattet. Dabei fand es Hinweise auf Herzrhythmusstörungen durch Alkoholkonsum.
Bild: shintartanya / stock.adobe.com
Häufig wird zu Halsketten oder Ringen gegriffen, um ein Party-Outfit abzurunden. Im Rahmen einer Studie sind in München 202 junge Erwachsene mit einem eher ungewöhnlichen Accessoire feiern gegangen. Forschende haben die Teilnehmenden mit kleinen mobilen EKG-Geräten ausgestattet. EKG ist die Abkürzung für Elektrokardiogramm. 48 Stunden lang wurde ihr Herzschlag damit gemessen. In den ersten acht Stunden haben die Forschenden außerdem stündlich die Alkoholkonzentrationder Teilnehmenden erfasst.
Die Daten sollten Aufschluss geben über das sogenannte „Holiday Heart Syndrome“. Der englische Begriff beschreibt Herzrhythmusstörungen, die nach starkem Alkoholkonsum auftreten können. Das Syndrom hat seinen Namen erhalten, weil ein Großteil der erstmals beschriebenen Fälle nach Wochenenden oder Feiertagen aufgefallen ist. Mit ihrer aktuellen Studie wollten die Forschenden mehr über den zeitlichen Verlauf des Phänomens in Erfahrung bringen.
Von 193 Teilnehmenden lagen schließlich auswertbare Daten vor. Wie zu erwarten war, stieg das Alkohollevel der Teilnehmenden in den ersten 5 Stunden stetig an. Durchschnittlich erreichten sie einen Höchstwert von 1,4 Promille. An dem Punkt sind die meisten Menschen im Rauschstadium.
Parallel zum Alkoholpegel nahm auch der Herzschlag zu. Dieser lag zu Beginn des Abends bei 90 Schlägen pro Minute. Nach vier Stunden lag der Durchschnitt bei 97 Schlägen pro Minute. Während der Trinkphase hat das EGK auch vermehrt Herzrasen mit mehr als 100 Schlägen pro Minute gemessen.
Ein beschleunigter Herzschlag allein ist noch nicht unbedingt Anlass zur Sorge. Bei zehn der 193 Studienteilnehmenden haben die EKG-Geräte aber Herzrhythmusstörungen aufgezeichnet. Diese wurden als „klinisch relevant“ bezeichnet, also als ernstzunehmend. Die Störungen traten vorwiegend in der Erholungsphase auf, die in der Studie sechs Stunden nach Trinkstart begann und 13 Stunden lang andauerte.
Rund sieben Jahre später wurden die Teilnehmenden erneut befragt. Etwa eine von fünf Personen berichtete weiterhin von gelegentlichem Herzrasen. Zwei wurden aufgrund von Herzrhythmusstörungen sogar im Krankenhaus behandelt.
Die genaue Wirkweise von akutem Alkoholkonsum auf das Herz ist nach Aussagen des Forschungsteams bisher noch unklar. Es geht aber davon aus, dass Alkohol Einfluss nimmt auf das vegetative, also das unwillkürliche Nervensystem, das wir willentlich nicht steuern können. Es regelt Abläufe in unserem Körper wie Atmung, Herzschlag oder Stoffwechsel. Hierbei sind zwei Bereiche zu unterscheiden: das sympathische und das parasympathische Nervensystem oder Sympathikus und Parasympathikus. Der Sympathikus sorgt für eine höhere Leistungsfähigkeit, der Parasympathikus für Körperfunktionen in Ruhe.
Den EKG-Daten zufolge scheint Alkoholkonsum den Sympathikus zu aktivieren. Vor allem das Alkohol-Abbauprodukt Acetaldehyd sei dafür verantwortlich. Die 48-Stunden-Messwerte haben gezeigt, dass der Einfluss von Alkohol noch über die akute Phase hinausgeht und auch in der Erholungsphase, wenn die Wirkung von Alkohol nachlässt, noch den normalen Rhythmus von Aktivierung und Entspannung stört. Gefährliche Herzrhythmusstörungen können die Folge sein.
Rauschtrinken geht jedoch generell mit hohen Risiken einher. Nicht nur das Herz-Kreislaufsystem wird auf die Probe gestellt, auch das Gehirn leidet und die Unfallgefahr ist erhöht. Das kostenlose und anonym nutzbare Programm Change Your Drinking kann dabei unterstützen, den Alkoholkonsum zu verändern oder einzustellen.
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