Home > News > Aktuelle Meldungen > Gericht hält an bisherigem Grenzwert für Cannabis im Straßenverkehr fest
14.04.2017
Das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen hat den Grenzwert von 1 Nanogramm THC bestätigt und weicht damit von Expertenempfehlungen ab.
Bild: Gerhard Seybert / Fotolia.com
Klar ist: Wer bekifft Auto oder Motorrad fährt, ist eingeschränkt fahrtüchtig und hat infolgedessen ein erhöhtes Unfallrisiko. Im Falle einer Polizeikontrolle droht zudem der Verlust des Führerscheins. Wer seinen „Lappen“ wieder haben will, muss in der Regel ein kostspieliges medizinisch-psychologisches Gutachten erstellen lassen.
Doch ab wie viel Cannabis im Blut ist von einer eingeschränkten Fahrtüchtigkeit auszugehen? Das Bundesverfassungsgericht hat 2005 in einem Grundsatzurteil eine Grenze von 1 Nanogramm THC pro Milliliter Blut festgelegt. Die Forschung hat in der Zwischenzeit jedoch neue Erkenntnisse dazu geliefert, ab welcher THC-Konzentration tatsächlich Leistungseinbußen zu erwarten sind.
Aus diesem Grund hat die Grenzwertkommission, die das Bundesverkehrsministerium berät, 2015 eine neue Empfehlung herausgegeben. Der zufolge sei erst ab 3 Nanogramm THC pro Milliliter Blut davon auszugehen, dass die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt ist.
Die Grenzwertkommission unter der Leitung von Thomas Daldrup weist darauf hin, dass THC sich bei chronisch Konsumierenden aufgrund der Fettlöslichkeit im Körper anreichert und erst nach und nach in die Blutbahn abgegeben wird. Dies könne dazu führen, dass noch einige Tage nach dem letzten Konsum erhöhte THC-Konzentrationen im Blut nachgewiesen werden, „also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorliegt“, so der Wortlaut der Empfehlung.
Drei Personen aus Nordrhein-Westfalen hätten ihren Führerschein möglicherweise noch, wenn die Grenze von 3 Nanogramm auch in die Rechtsprechung Einzug gehalten hätte. Bei ihnen wurde im Rahmen von Polizeikontrollen zwischen 1,1 und 1,9 Nanogramm THC pro Milliliter Blut nachgewiesen. Die drei Personen haben gegen den Führerscheinentzug geklagt, scheiterten aber vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen hat diese Entscheidung nun bestätigt.
Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass auch bei einem Grenzwert von 1 Nanogramm „nicht in jedem Einzelfall mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen werden kann, dass Beeinträchtigungen von verkehrssicherheitsrelevanten Fähigkeiten der Betroffenen vorliegen.“ Im Klartext: Es sei nicht auszuschließen, dass die Fahrtüchtigkeit auch bei dem niedrigeren Grenzwert eingeschränkt ist.
Kürzlich hat der Bundesgerichtshof zudem klar gestellt, dass ein Gericht generell befugt dazu ist, ab einer THC-Konzentration von 1 Nanogramm davon auszugehen, dass eine Person fahrlässig gehandelt hat, auch wenn der Konsum nicht unmittelbar vor Fahrantritt erfolgt ist.
Vielkiffer sollten daher davon ausgehen, dass auch mehrere Tage nach dem letzten Konsum noch THC-Konzentrationen nachgewiesen werden können, die zum Führerscheinverlust führen. In einer Studie aus den USA beispielsweise überschritten einige Teilnehmer noch bis zu 12 Tage nach dem letzten Joint die Schwelle von 1 Nanogramm THC pro Milliliter Blut.
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