Home > News > Aktuelle Meldungen > Gefühlsblindheit steht mit Drogenkonsum in Zusammenhang
01.02.2023
Manche Menschen sind „blind“ für ihre Gefühlswelt. Sie haben Alexithymie. Eine aktuelle Meta-Analyse zeigt, dass Menschen mit Alexithymie vergleichsweise häufig einen problematischen Konsum von Alkohol und anderen Drogen entwickeln.
Bild: picture / istockphoto.com
Wäre Mr. Spock ein Mensch, hätte er vermutlich Alexithymie. Mr. Spock ist erster Offizier an Bord des Raumschiffs Enterprise in der gleichnamigen Science-Fiction-Serie aus den 1960er Jahren. Für die Gefühle der menschlichen Besatzung zeigt er meist nur Unverständnis. Wut, Angst oder Freude sind Spock fremd. Für einen Abkömmling des Planeten Vulkan ist das aber völlig normal.
Für Erdlinge in der realen Welt kann Alexithymie hingegen problematisch sein. Von Alexithymie oder Gefühlsblindheit wird gesprochen, wenn Menschen keinen oder kaum Zugang zu ihren Gefühlen haben oder Schwierigkeiten haben, Gefühle zu benennen. Der Begriff Alexithymie kommt aus dem Griechischen und steht für das „Fehlen von Worten für Gefühle“. Alexithymie gilt nicht als Krankheit, sondern als Persönlichkeitsmerkmal.
Schätzungsweise 10 Prozent der deutschen Bevölkerung erfüllen die Kennzeichen einer Alexithymie. Studien weisen darauf hin, dass Menschen mit einer Abhängigkeit von Alkohol oder anderen Drogen häufiger von Alexithymie betroffen sind. Ein Team unter der Leitung der finnischen Forscherin Kirsi Honkalampi hat alle relevanten Studien im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit und Meta-Analyse zusammengefasst.
52 Einzelstudien wurden in der Analyse berücksichtigt. Das Hauptergebnis lautet: Zwischen Alexithymie und Substanzkonsum gibt es einen starken Zusammenhang. Betroffen sind vor allem Menschen, die abhängig sind von Alkohol. Aber auch der Konsum von illegalen Drogen weist einen Zusammenhang mit Alexithymie auf. Generell am stärksten betroffen sind den Ergebnissen zufolge Menschen, die aufgrund einer Substanzabhängigkeit in Behandlung sind. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Ein möglicher Grund für den Zusammenhang sei, dass Menschen mit Alexithymie mehr Stress ausgesetzt sind. Wer Probleme hat, seine Gefühle zu erkennen oder zu benennen, habe vermutlich öfter Schwierigkeiten in der Beziehung zu anderen Menschen. Der Konsum von Alkohol oder anderen Drogen könne eine Form von Bewältigung sein, um Stress abzubauen.
Auch in der Behandlung einer Substanzabhängigkeit kann es problematisch sein, wenn Betroffene ihre Gefühle nicht gegenüber den Behandelnden beschreiben können. Aus Sicht des Forschungsteams könne es daher sinnvoll sein, bei Patientinnen und Patienten mit Alexithymie stärker auf Behandlungsansätze zu setzen, in denen weniger die Gefühle und mehr die Gedankenwelt und das Verhalten im Vordergrund stehen. Das wäre beispielsweise bei einer Verhaltenstherapie der Fall.
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