Erhöhtes Psychoserisiko durch hochpotenten Cannabis?

11.12.2009

Seit längerem steht Cannabis im Verdacht, die Wahrscheinlichkeit für den Ausbruch einer Psychose zu erhöhen oder deren Ausbruch zu beschleunigen. Dabei könnte speziell gezüchteter Cannabis mit hohem THC-Gehalt eine besondere Rolle spielen, so das Ergebnis einer aktuellen britischen Studie. Ob Cannabis auch Ursache für Psychosen ist, konnte jedoch nicht geklärt werden.

Hochpotente und weniger potente Cannabisprodukte unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich des Anteils an THC, dem Hauptwirkstoff von Cannabis. David Potter und sein Team haben bereits 2008 im Rahmen einer Analyse von beschlagnahmten Cannabisproben feststellen können, dass hochpotenter Cannabis sich auch dadurch auszeichnet, dass wenig bis gar kein Cannabidiol (CBD) enthalten ist. Cannabidiol ist ein Abbauprodukt, das entsteht, wenn Cannabis längere Zeit gelagert oder erhitzt wird. Cannabidiol selber hat keine psychoaktive Wirkung, es kann aber den THC-Rausch abmildern und hat möglicherweise einen anti-psychotischen Effekt. Durch den Mangel an CBD könne hochpotenter Cannabis somit das Risiko für Psychosen erhöhen, vermuten Potter und sein Team.

Unterstützt wird diese Hypothese durch eine aktuelle britische Studie, in der 280 Personen, die erstmals wegen einer Psychose in ein Krankenhaus aufgenommen wurden, mit 174 gesunden Personen verglichen wurden. Bei der Auswahl der Probandinnen und Probanden legten Studienleiterin Marta Di Forti und ihr Forschungsteam viel Wert darauf, dass beide Gruppen gut vergleichbar sind, um ausschließen zu können, dass andere Faktoren wie das Alter, das Geschlecht, die ethnische Herkunft, die Bildung oder der Beschäftigungsstatus einen bedeutsamen Einfluss auf die Ergebnisse haben. In beiden Gruppen sind zudem gleich viele Personen, die zumindest einmal in ihrem Leben Cannabis oder Stimulanzien konsumiert haben.

Das Hauptergebnis lautet: Unter den Cannabiskonsumierenden, die an einer Psychose erkrankt sind, bevorzugten 78 Prozent hochpotenten Cannabis - der auch als „Skunk“ bezeichnet wird - während dies in der Kontrollgruppe nur auf 37 Prozent zutraf. Statistisch ausgedrückt weisen die Patientinnen und Patienten der Psychose-Gruppe eine beinahe 7-fach höhere Wahrscheinlichkeit auf, hochpotenten Cannabis zu rauchen als die Personen der Vergleichsgruppe. Insgesamt ist der Cannabiskonsum in der Psychose-Gruppe dadurch gekennzeichnet, dass viele bereits seit mehreren Jahren täglich kiffen.

Marta Di Forti sagt dazu: „Es ist nicht überraschend, dass jene, die täglich Skunk konsumieren, das höchste Risiko von allen aufweisen, weil Skunk die höchste Konzentration an delta-9-THC aufweist, bei einem Mangel an Cannabidiol mit seinen protektiven Effekten.“

Anzumerken ist, dass aufgrund des Studiendesigns jedoch keine Aussagen darüber gemacht werden können, ob Cannabis auch ursächlich zu dem Ausbruch einer Psychose beiträgt. Die Frage nach der Ursache kann streng genommen nur durch Längsschnittuntersuchungen beantwortet werden, bei denen Veränderungen über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Denn es gibt andere bekannte Faktoren, beispielsweise genetische Merkmale, die das Psychose-Risiko erhöhen. Denkbar ist daher, dass der Cannabiskonsum selbst nur eine Folge dieser Faktoren ist. Die aktuelle Studie dürfte aber als ein weiteres Indiz dafür betrachtet werden, dass das Psychose-Risiko bei intensivem Konsum mit hoch wirksamen Cannabis-Sorten steigt.

Quellen:

  • Di Forti, M., Morgan, C., Dazzan, P., Pariente, C., Mondelli, V. Marques, T., Handley, R., Luzi, S., Russo, M., Papareli, A., Butt, A., Stilo, S., Wiffen, B. Powell, J. & Murray, R. (2009). High-potency cannabis and the risk of psychosis. The British Journal of Psychiatry, 195, 488-491. Abstract

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