Drogenkonsum und psychotische Erfahrungen fördern sich gegenseitig

16.02.2018

Drogenkonsum scheint einer aktuellen Studie zufolge nicht nur Auslöser psychotischer Erfahrungen zu sein. Psychotische Erlebnisse fördern ihrerseits auch Drogenkonsum. Allerdings gilt dies nicht für alle Drogen.

Verzweifelter junger Mann mit grauer Kapuze, der sein Gesicht mit seinen Händen bedeckt.

Bild: Sami Suni / iStockphoto.com

Plötzlich nimmt man Dinge war, die gar nicht da sind. Oder man hat das unbestimmte Gefühl, verfolgt zu werden. Psychotische Erlebnisse können sehr beängstigend sein. Es gibt in der Forschung Belege dafür, dass der Konsum psychoaktiver Substanzen nicht nur im akuten Rausch psychotische Erlebnisse auslösen kann. Personen mit Drogenerfahrung haben auch im nüchternen Zustand ein erhöhtes Risiko für psychotisch geprägte Erfahrungen.

Persönliche Interviews mit über 30.000 Menschen weltweit

Studien deuten darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen Drogenkonsum und psychotischen Erlebnissen keine Einbahnstraße ist. Das heißt: Psychotische Erlebnisse können ihrerseits den Konsum von Drogen fördern. Gibt es womöglich eine wechselseitige Beeinflussung zwischen Drogenkonsum und psychotischen Erlebnissen?

Um diese Frage zu klären, hat ein internationales Forschungsteam die Daten einer Befragung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) untersucht. 30.902 Personen wurden in 18 Ländern zu ihrem Drogenkonsum und zu psychotischen Erfahrungen persönlich interviewt.

Dabei zeigte sich tatsächlich ein so genannter bidirektionaler Zusammenhang. Das bedeutet: Der Konsum bestimmter Drogen erhöht einerseits die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten psychotischer Erfahrung, andererseits wird Drogenkonsum wahrscheinlicher, wenn eine Person psychotische Erlebnisse hat.

Wechselseitiger Zusammenhang nur für Tabak und Alkohol

Aufgrund der großen Stichprobe konnte das Forschungsteam auch den Einfluss einzelner Drogen untersuchen. Eine wechselseitige Beziehung wurde für das Tabakrauchen und für Alkoholkonsum nachgewiesen. Der Konsum dieser Substanzen fördert nicht nur psychotische Erlebnisse, sondern kann selbst Folge psychotischer Erlebnisse sein. Der Missbrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten erhöht zwar das Risiko für das Auftreten psychotischer Erfahrungen, umgekehrt gilt der Zusammenhang aber nicht.

Für Cannabis und andere illegale Drogen konnte hingegen kein erhöhtes Risiko für nachfolgende psychotische Erfahrungen nachgewiesen werden. Nach Einschätzung des Forschungsteams hätten sie im Unterschied zu früheren Studien eine Vielzahl anderer möglicher Einflussfaktoren einbezogen. Diese spielen offenbar eine größere Rolle als Cannabis und andere illegale Drogen, wenn es um Psychosen geht. Cannabis könne jedoch Psychosen auslösen, wenn die Person ohnehin ein erhöhtes Psychose-Risiko mitbringt, beispielsweise aufgrund traumatischer Erfahrungen oder familiärer Belastungen. Die WHO-Daten liefern jedoch Belege dafür, dass psychotische Erfahrungen ihrerseits den nachfolgenden Konsum von Cannabis und anderer illegaler Drogen wie Kokain fördern.

Streng genommen kann mit den WHO-Daten zwar keine Aussage darüber gemacht werden, ob es tatsächlich ursächliche Zusammenhänge sind. Die Studie habe aber nach Angaben des Forschungsteams den Vorteil einer vergleichsweise großen Stichprobe. Diese habe es möglich gemacht, einer Reihe relevanter Einflussfaktoren zu berücksichtigen, zu denen auch andere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen gehören.

Quelle:
Degenhardt, L. et al. (2018). The associations between psychotic experiences, and substance use and substance use disorders: Findings from the World Health Organisation World Mental Health Surveys. Addiction, DOI: 10.1111/add.14145.


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