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21.04.2017
Der Rauchausstieg ist oft mit Rückfällen verbunden. Wie ein Experiment gezeigt hat, erhöht sich die Rückfallgefahr, wenn die Selbstkontrolle zuvor erschöpft wurde. Allerdings könne die Fähigkeit zur Selbstkontrolle auch trainiert werden.
Bild: Kenishirotie / Fotolia.com
Die kurze Sequenz aus dem Film „Mondo Cane“ geht unter die Haut. Untermalt von dramatischer Musik zeigt die Dokumentation eine Meeresschildkröte auf dem Bikini-Atoll, die ihren Orientierungssinn aufgrund radioaktiver Strahlung verloren hat. Nach der Eiablage kriecht die Schildkröte ins Landesinnere anstatt zurück ins Meer und verendet qualvoll. Angesichts der Bilder fällt es schwer, keine emotionale Regung zu zeigen. Doch genau das war die Aufgabe der Teilnehmenden eines Experiments unter der Leitung von Bryan Heckman.
128 starke Raucherinnen und Raucher hatten an der Studie teilgenommen. Ein Teil von ihnen musste zuvor 12 Stunden auf Zigaretten verzichten, andere durften vor Beginn der Studie rauchen. Beide Gruppen wurden ein weiteres Mal aufgeteilt. Eine Gruppe sah den erwähnten Film mit der Aufgabe, einen völlig neutralen Gesichtsausdruck beizubehalten und jegliche aufkommenden Gefühle zu unterdrücken. Die andere Gruppe durfte sich natürlich verhalten.
Das Forschungsteam ging von der Annahme aus, dass Selbstkontrolle eine Fähigkeit ist, die sich wie ein Muskel durch Betätigung erschöpfen kann. Ist die Selbstkontrolle „aufgebraucht“ würde eine Person anschließend anderen Versuchungen schlechter widerstehen können.
Nach der Filmvorführung testete das Forschungsteam, wie lange die Teilnehmenden ihre Finger von Zigaretten lassen konnten. Eine Gruppe war ja immerhin schon seit über 12 Stunden auf Entzug. Um einen Anreiz für das Nichtrauchen zu schaffen, erhielten die Teilnehmenden alle 5 Minuten einen Dollar, wenn sie auf das Rauchen verzichten konnten. Der Test dauerte maximal 50 Minuten.
Teilnehmende, die sich beim Filmgucken zusammenreißen mussten, hielten nicht so lange durch wie Testpersonen, die ihren Gefühlen freien Lauf lassen durften. Damit wurde die Annahme bestätigt, dass sich Selbstkontrolle erschöpfen und negativ auf die Fähigkeit zur Rauchabstinenz auswirken kann. Den Teilnehmenden schien dieser Umstand aber nicht bewusst zu sein. Nach dem Film hatten beide Gruppen ein etwa gleich starkes Verlangen nach Zigaretten.
Mit ihrer Studie wollten die Forscherinnen und Forscher auf die Bedeutung der Selbstkontrolle beim Rauchausstieg hinweisen. So sollten sich Ausstiegswillige nicht auf ihre vermeintlich starke Willenskraft und Selbstbeherrschung verlassen. Denn womöglich wird ihnen gar nicht bewusst, wenn sich ihre Fähigkeit zur Selbstkontrolle durch andere Aktivitäten erschöpft hat.
Das Forschungsteam gibt aber auch Hoffnung mit auf den Weg. So lasse sich die Selbstkontrolle trainieren. Techniken wie Achtsamkeitstraining oder Mediation hätten sich in Studien als vorteilhaft erwiesen. Und wenn eine Situation Selbstkontrolle erfordert, könnten Personen anschließend durch bewusste Entspannung dazu beitragen, dass sich ihre Fähigkeit zur Selbstkontrolle schneller wieder erholt.
Quellen:
Heckman, B. W., MacQueen, D. A., Marquinez, N. S., MacKillop, J., Bickel, W. K. & Brandon, T. H. (2017). Self-Control Depletion and Nicotine Deprivation as Precipitants of Smoking Cessation Failure: A Human Laboratoy Model. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 85, 381-396.
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