Depression durch frühen Cannabiskonsum

03.12.2010

Kann Cannabiskonsum Depressionen auslösen? Diese Frage wurde im Rahmen einer groß angelegten weltweiten Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bearbeitet. Demnach scheint es einen Zusammenhang zu geben, allerdings nicht in allen Ländern.

Depressive Störungen sind ernsthafte Erkrankungen mit weitreichenden Folgen für das psychische Wohlbefinden. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts erleiden in Deutschland rund 12 Prozent aller Erwachsenen einmal im Jahr eine depressive Störung. Sie gehört damit zu den häufigsten Formen psychischer Erkrankungen.

Cannabiskonsum gilt bereits seit längerem als eine mögliche Ursache für den Ausbruch einer Depression. Genau genommen geht es um den frühen Einstieg, also wenn der erste Joint mit 16 Jahren oder früher geraucht wurde. Bisherige Studien liefern allerdings kein einheitliches Bild. Auswertungen einer weltweiten Studie, dem „World Mental Health Survey“, sollen daher mehr Aufschluss geben. Mehr als 85.000 Personen in 17 Ländern haben an der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführten Studie teilgenommen und wurden im Rahmen eines diagnostische Interviews zu einer Reihe an psychiatrischen Erkrankungen befragt, unter anderem zu Depressionen und Cannabiskonsum.

Nach Analyse der großen Datenmengen konnten Studienleiter Ron de Graaf und sein multinationales Forschungsteam schließlich errechnen, dass Personen, die früh in den Cannabiskonsum eingestiegen sind, eine 50 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, an einer Depression zu erkranken als vergleichbare Kontrollpersonen, die nie Cannabis konsumiert haben. Mit anderen Worten: Wenn laut Robert-Koch-Institut von 1.000 Menschen 120 einmal eine depressive Störung im Jahr erleiden (also 12 Prozent), erhöht sich diese Zahl durch Cannabiskonsum auf 180. Dieser Zusammenhang sei auch durch die Berücksichtigung zahlreicher weiterer möglicher Risikofaktoren statistisch abgesichert.

Das erhöhte Risiko wurde auf der Basis der weltweiten Gesamtstichprobe errechnet. Analysen für einzelne Länder erbrachten allerdings nicht für alle beteiligten Staaten ein signifikantes Ergebnis. Nur in fünf Ländern - darunter Deutschland, Ukraine, Nigeria, Südafrika und Neuseeland - war der Zusammenhang für frühen Cannabiskonsum und die spätere Entwicklung einer Depression statistisch bedeutsam. Warum das so ist, darauf haben die Autorinnen und Autoren jedoch keine Antwort.

Einschränkend gibt das Autorenteam zudem zu bedenken, dass sie keine Aussagen darüber machen können, ab welcher Konsumintensität es zu einer erhöhten Depressionswahrscheinlichkeit kommt. Ebenfalls müssen sie einräumen, dass der Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Depression nicht mehr signifikant ist, wenn sie das Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten in der Kindheit mit in die Berechnung einbeziehen. Darunter verstehen die Autorinnen und Autoren zum Beispiel das Schulschwänzen, von zuhause wegrennen, Ladendiebstahl und andere verhaltensbezogene Auffälligkeiten.

Die Studie gibt somit zwar einen deutlichen Hinweis auf einen Zusammenhang von Depressionen und dem frühen Einstieg in den Cannabiskonsum, aber noch keine letzte Klarheit. Diese - so resümieren die Autorinnen und Autoren - könne erst durch eine längsschnittlich angelegte Studie erbracht werden.

Quellen:

  • De Graaf, R., Radovanovic, M., van Laar, M. et al. (2010). Early Cannabis Use and Estimated Risk of Later Onset of Depression Spells: Epidemiologic Evidence From the Population-based World Health Organization World Mental Health Survey Initiative. American Journal of Epidemiology, 172, 149-159. Zusammenfassung
  • Wittchen, H.-U., Jacobi, F., Klose, M. & Ryl, L. (2010). Depressive Erkrankungen. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 51. Berlin: Robert-Koch-Institut. PDF

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