Auch moderater Drogenkonsum hinterlässt Spuren im Gehirn

03.07.2009

Eine aktuelle Studie zum Einfluss von Drogenkonsum auf die Hirnfunktionen kommt zu dem Schluss, dass Cannabis und Ecstasy einen kleinen, aber signifikanten Effekt auf Merkfähigkeit und Aufmerksamkeit haben. Darauf deuten zwar schon frühere Studien hin, das Besondere der aktuellen Untersuchung liege aber in der Auswahl der Probandinnen und Probanden. Anders als in früheren Studien waren fast ausschließlich Personen mit moderatem Drogen- und Alkoholkonsum beteiligt. Zudem war den Untersuchungspersonen nicht bewusst, welches Ziel die Studie hatte.

Das Forschungsteam um Studienleiter Christian Schütz hat 284 junge Erwachsene im Alter zwischen 22 und 34 Jahren eingehend auf ihre Hirnfunktionen getestet. Dabei ging es um die Frage, ob auch moderater Konsum von Ecstasy und Cannabis einen Einfluss auf die Hirnfunktionen hat. Der Einfluss dieser Drogen wurde zwar schon in einer Reihe früherer Studien untersucht. In ihrem kürzlich publizierten Fachartikel weist das Forschungsteam allerdings darauf hin, dass sich bei diesen Studien durch die gezielte Anwerbung von Konsumentinnen und Konsumenten möglicherweise nur bestimmte Personen angesprochen fühlten. Denn typischerweise würden die Testpersonen per Zeitungsannonce oder durch Mundpropaganda gesucht. Da das Ziel der Studie bereits in der Anzeige grob umrissen werde, könne dies dazu führen, dass nur solche Personen sich beteiligen, die besonders intensiv Drogen konsumieren und bereits Konsequenzen infolge des Konsums bei sich vermuten.

Schütz und sein Team haben hingegen per Zufall eine Stichprobe junger Menschen aus dem Melderegister aus München und dem Münchner Umland ausgewählt und direkt angesprochen. Die Stichprobenziehung war Teil einer Längsschnittstudie, der Early Developmental Stages of Psychopathology Study (ESDP), in der noch weitere Forschungsfragen zur psychischen Gesundheit untersucht wurden. Die Personen wurden darüber aufgeklärt, dass die Studie zur Untersuchung von Hirnfunktionen dient. Ein Zusammenhang zu Drogenkonsum wurde jedoch nicht hergestellt, um die Teilnahmebereitschaft der Testpersonen nicht zu beeinflussen.

25 Prozent der Probandinnen und Probanden hatten schon mal Ecstasy, 57 Prozent schon mal Cannabis konsumiert. Bei den meisten lag der Konsum nach den Kriterien der Studie im moderaten Bereich. Für Ecstasy galten bis zu 50 Konsumgelegenheiten im Leben als moderat, bei Cannabis lag die Schwelle zum intensiven Konsum bei 365 Gelegenheiten. Zwar lag der durchschnittliche Alkoholkonsum mit 28 Gramm pro Tag bereits im riskanten Bereich, dieser Wert beziehe sich aber auf die Episode im Leben, in der am intensivsten getrunken wurde.

In der Untersuchung wurden 12 verschiedene Tests zu kognitiven Hirnfunktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder Reaktionsgeschwindigkeit durchgeführt. Da die meisten Ecstasykonsumierenden ebenfalls mit Cannabis und Alkohol Erfahrung gemacht haben, wurden die Effekte der einzelnen Substanzen durch spezielle statistische Verfahren berechnet.

Bei den Tests zur Merkfähigkeit sowie zur Aufmerksamkeit fand das Forschungsteam kleine, aber signifikante Effekte für Ecstasy und Cannabis. Das heißt, je mehr Konsumgelegenheiten die Personen hatten desto stärker seien die Defizite. Die Reaktionsgeschwindigkeit werde jedoch weder durch Ecstasy noch durch Cannabis signifikant beeinflusst. Der Alkoholkonsum habe in dieser Studie auf keine der untersuchten Hirnfunktionen einen Einfluss gehabt. Dabei beziehen sich die Ergebnisse wohlgemerkt nicht auf die akuten Wirkungen. Alle Probandinnen und Probanden mussten nüchtern zu den Tests erscheinen und durften auch in den sieben Tagen vor der Untersuchung keinen Alkohol trinken und mussten auf Ecstasy und Cannabis verzichten. Dies wurde durch Urinkontrollen überprüft.

Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen, dass somit auch bei moderatem Konsum von Ecstasy und Cannabis mit leichten Einschränkungen in der Merkfähigkeit und der Aufmerksamkeit zu rechnen sei. Einschränkend erwähnen die Forscherinnen und Forscher, dass sich bei der Anwerbung von Versuchspersonen überproportional viele besser gebildete Personen zur Teilnahme bereit erklärt haben. Anzunehmen ist aber, dass leichte Hirndefekte bei einem höheren Bildungsgrad durch einer Art kognitiver Reserve wieder wettgemacht werden. Bei Personen mit einem schlechteren Bildungshintergrund könnten die Ergebnisse daher womöglich noch deutlicher in die negative Richtung ausfallen.

Quelle:
Indlekofer, F., Piechatzek, M., Daamen, C., Lieb, R., Pfister, H., Tucha, O., Lange, K. Wittchen, H. & Schütz, C. (2009). Reduced memory and attention performance in a population-based sample of young adults with a moderate lifetime use of cannabis, ecstasy and alcohol. Journal of Psychopharmacology, 23 (5), 495-509. Abstract


Kommentare

Kommentare

Um Kommentare schreiben zu können, musst du dich anmelden oder registrieren.