Alltagsprobleme durch Entzugssymptome

30.11.2012

Im Dienste der Wissenschaft haben 49 Cannabisabhängige ohne tatsächliche Ausstiegsmotivation auf das Kiffen verzichtet und ihre Erfahrungen protokolliert. Die Entzugssymptome führten teils zu starken Einschränkungen im Alltag, einige der Teilnehmenden sind zudem rückfällig geworden.

Student schläft in leerem Hörsaal

Bild: .marqs / photocase.com

Über 200.000 Aufrufe an nur einem Tag, das war zu viel für den Server. Die Veröffentlichung eines neuen Fachartikels zu den Entzugssymptomen durch Cannabiskonsum hat dazu geführt, dass die Wissenschaftsplattform PLoS ONE für kurze Zeit nicht mehr verfügbar war. Dazu beigetragen hat vermutlich ein Posting zum Artikel auf der Social Community Website reddit.com, wo bislang über 2.500 Kommentare hierzu eingegangen sind.

Kiffer gesucht

David Allsop und sein Team haben mit ihrer Studie offenbar einen Nerv getroffen. Entzugssymptome durch Cannabis wurden zwar schon in anderen Studien untersucht, das australische Forschungsteam hat sich aber vor allem dafür interessiert, wie stark es die Betroffenen tatsächlich im Alltag beeinträchtigt. Hierfür wurden Cannabiskonsumierende über Anzeigen und Flyer gesucht und nur jene Interessenten einbezogen, die in den letzten drei Monaten stark gekifft und bislang keine Ausstiegshilfe in Anspruch genommen haben.

49 Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten haben sich einverstanden erklärt, für zwei Wochen auf das Kiffen zu verzichten und dies durch Urinkontrollen zu bestätigen. Regelmäßig mussten sie einen Fragebogen zu ihren Entzugssymptomen ausfüllen und einschätzen, wie sehr der Entzug sie in ihrem Alltag belastet. 450 australische Dollar, etwa 370 Euro, wurde ihnen als Entschädigung für das Nicht-Kiffen gezahlt - sofern sie durchhielten.

Starke Entzugssymptome bei starker Abhängigkeit

Doch das Sprichwort „Geld allein macht nicht glücklich“ hat sich wieder einmal bewahrheitet, denn einige der Teilnehmenden sind schon in der ersten Woche rückfällig geworden. Die meisten von ihnen haben sich aber bereit erklärt, den Versuch noch einmal zu beginnen. Schließlich haben 46 Kiffer mehr oder weniger gut durchgehalten und das Forschungsteam mit Daten versorgt.

Die Analyse ergab, dass die Einschränkungen im Alltag umso stärker ausgeprägt waren, je stärker die Entzugssymptome erlebt wurden. Die stärksten Entzugssymptome hatten Kiffer, die zuvor besonders viel konsumiert hatten und bei denen die Cannabisabhängigkeit stark ausgeprägt war. Diejenigen, die während des Versuchs rückfällig geworden sind, hatten vor allem Einschlafprobleme, litten unter Appetitlosigkeit, waren angespannt und ängstlich, hatten Stimmungsschwankungen oder fühlten sich depressiv und erschöpft. Andere Symptome wie Müdigkeit, Hitzewallungen oder nächtliches Schwitzen wurden zwar auch berichtet, diese hatten aber keinen so großen Einfluss auf einen Rückfall.

Große Bandbreite

Durchschnittlich betrachtet seien die negativen Auswirkungen auf den Alltag zwar eher als gering zu bewerten, schreibt das Forschungsteam. Allerdings dürften die Mittelwerte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine große Bandbreite gab. Einige der Teilnehmenden waren sehr stark betroffen, während andere kaum beeinflusst waren. Das Ausmaß der Beeinträchtigungen und der Rückfallgefahr hing jedoch signifikant mit der Punktzahl zusammen, die im Test zur Cannabisabhängigkeit, der Severity of Dependence Scale* erzielt wurde.

Auch die Diskussion auf reddit.com verdeutlicht, dass viele zwar ähnliche Entzugssymptome nach Cannabiskonsum erleben, die Auswirkungen aber unterschiedlich wahrgenommen werden. Beispielsweise schreibt ein User, dass ihm nüchtern alles nur noch langweilig vorkam, vor allem Computerspiele und Fernsehen.

Andere User, die auf reddit.com ihre Erfahrungen geschildert haben, erging es ähnlich. Anstatt zu Hause zu hocken, haben sie aber wieder mehr soziale Kontakte aufgenommen, was ihnen letztlich ein positives Gefühl vermittelte. So schrieb der User Diffusion9: „Für mich hatte es [Cannabis] ein Loch in die sozialen Bereiche meines Gehirns gefressen. Jetzt [nach dem Ausstieg] kann ich Unterhaltungen wieder besser folgen oder mich an interessante Dinge erinnern, die ich zum Gespräch beitragen kann.

*Die Severity of Dependence Scale ist Bestandteil des Selbsttests Cannabis check.

Quellen:


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