Synthetische Cannabinoide sind künstlich hergestellte Substanzen, die eine ähnliche Wirkung haben wie pflanzlicher Cannabis. Die ersten synthetischen Cannabinoide wurden in den 1960er Jahren entwickelt, kurz nachdem die chemische Struktur des Cannabiswirkstoffs THC entschlüsselt wurde. Ursprünglich wurden synthetische Cannabinoide in der medizinischen Forschung benutzt, seit einigen Jahren werden synthetische Cannabinoide auch zu Rauschzwecken konsumiert.
In Deutschland hatte 2008 ein als Kräutermischung getarntes Produkt, das unter dem Namen Spice vermarktet wurde, für Aufsehen gesorgt. Konsumierende berichteten von Wirkungen, die denen von Cannabis ähnlich sind. Analysen des Produkts haben schließlich ergeben, dass die Wirkung nicht von den in Spice enthaltenen Kräutern, sondern von den darauf aufgebrachten synthetischen Cannabinoiden ausgeht. 2009 wurden die Inhaltsstoffe verboten.
Sowohl synthetische Cannabinoide als auch der natürliche Wirkstoff THC aktivieren die Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems in unserem Nervensystem. Die Wirkung von synthetischen Cannabinoiden ist allerdings nicht identisch mit der von pflanzlichem Cannabis. Konsumierende berichten, dass sich die Wirkung von synthetischen Cannabinoiden manchmal anfühlt wie Cannabis, ein anderes Mal allerdings völlig anders.
Ein Grund für die unterschiedliche Wirkung ist darauf zurückzuführen, dass es sich bei den Kräutermischungen wie Spice, um unkontrollierte und oftmals illegale Produkte handelt und sowohl die Menge als auch die Qualität der enthaltenen Wirkstoffe unbekannt sind.
Tests haben ergeben, dass die enthaltenen Wirkstoffkonzentrationen von Produkt zu Produkt sehr unterschiedlich sein können. Sogar Kräutermischungen derselben Marke können unterschiedlich dosiert sein. Hinzu kommt, dass die Wirkstoffe bei der Produktion nicht immer gleichmäßig aufgetragen werden. Die aufgenommene Wirkstoff-Dosis ist so kaum vorhersehbar.
Darüber hinaus ist nicht klar, welche Wirkstoffe enthalten sind. Es gibt eine kaum noch überschaubare Anzahl unterschiedlicher synthetischer Cannabinoide, die sich in ihrer Wirkstärke teils deutlich voneinander unterscheiden. Im Vergleich zu natürlichem THC kann die Wirkung der synthetischen Cannabinoide um ein Vielfaches stärker sein.
Die unerwünschten Effekte der künstlich hergestellten Cannabinoide ähneln denen von THC, aufgrund der zum Teil stark erhöhten Potenz synthetischer Wirkstoffe hat der Konsum dieser Substanzen allerdings häufiger schwere Nebenwirkungen zur Folge.
Manche Wirkstoffe haben eine kürzere Wirkung als THC, bei anderen kann die Wirkung mehrere Stunden länger sein, als man es von THC kennt. Die häufigsten unerwünschten Nebeneffekte sind Herzrasen, starke Unruhe und Halluzinationen. Es gibt Berichte, in denen Konsumierende starke Brechanfälle bekommen haben. Bei manchen von ihnen waren die Effekte so stark, dass sie ein Fall für die Notaufnahme waren.
Viele der akuten Folgen sind auch von THC bekannt, manche werden jedoch als eher untypisch für die Wirkung von Cannabis eingestuft. Dazu zählen unruhiges bis erregtes Verhalten, Krampfanfälle, Bluthochdruck, starke Übelkeit und Kaliummangel (Hypokaliämie). Kalium ist wichtig für viele Körperfunktionen. Bei Kaliummangel können Müdigkeit und Muskelschwäche bis hin zu Herzrhythmusstörungen auftreten.
Synthetische Cannabinoide haben im Gehirn eine stärkere Bindungskraft an Cannabinoidrezeptoren als THC pflanzlichen Ursprungs und enthalten im Gegensatz zu Cannabis kein Cannabidiol (CBD). CBD hat zwar keine psychoaktive Wirkung, kann aber den Rausch, der durch THC erzeugt wird, abmildern. CBD wird zudem eine gewisse Schutzfunktion gegen psychotische Effekte zugesprochen. Konsumierende fühlen sich dann eher entspannt bis schläfrig. Fehlt CBD, wie bei bestimmten hochpotenten Cannabissorten, wird der Rausch deutlich intensiver und halluzinogener.
Durch das Fehlen von CBD in synthetischen Cannabinoiden fehlt auch dessen Schutzfunktion vor psychotischen Effekten. In Kombination mit der stärkeren Rezeptoraktivierung kann dies psychotische Episoden bei hierfür empfänglichen Personen auslösen. Zwar ist der Zusammenhang zwischen Cannabis und Psychose noch nicht abschließend geklärt, Studien weisen aber darauf hin, dass Konsumierende mit einer Vorliebe für hochpotenten Cannabis ein höheres Risiko für eine Psychose haben, als Personen, die noch nie gekifft haben.
Die bisher für synthetische Cannabinoide vorliegenden Berichte deuten darauf hin, dass eine so genannte drogeninduzierte Psychose beim Konsum synthetischer Cannabinoide tatsächlich öfter vorkommt als bei pflanzlichem Cannabis. Meist lösen Psychosen starke Ängste aus. Konsumierende sprechen dann gelegentlich auch von einem Horror-Trip. Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen sich Konsumierende in der Psychose selbst verletzt haben und ums Leben gekommen sind.
Bekannt ist, dass dauerhafter Konsum von Cannabis eine Abhängigkeit nach sich ziehen kann. Dies gilt auch für synthetische Cannabinoide. So wurde beobachtet, dass nach dem Beenden des chronischen Konsums synthetischer Cannabinoide Entzugssymptome auftreten wie Bluthochdruck, Übelkeit, Zittern, Schwitzen, Albträume und ein starkes Verlangen nach der Drogen, auch Craving genannt.
Synthetische Cannabinoide werden gelegentlich zwar als Legal Highs vermarktet, der Umgang mit diesen Substanzen ist jedoch illegal. Am 26. November 2016 ist ein Gesetz in Kraft getreten, dass nicht mehr einzelne Substanzen, sondern ganze Stoffgruppen umfasst. Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) umfasst vor allem synthetische Cannabinoide, Phenethylamine und Cathinone.
Künftig können auch weitere Stoffgruppen bei Bedarf aufgenommen werden. Das Verbot erfasst den Handel, das Inverkehrbringen, die Herstellung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr, den Erwerb, den Besitz und das Verabreichen von neuen psychoaktiven Substanzen.
Quellen:
Stand der Information: Juni 2017