Auch Follow-up-, Nachbeobachtungs- oder Inzidenzstudie.
Bei einer Kohortenstudie wird eine Gruppe von Personen, auch Kohorte genannt, über einen längeren Zeitraum mehrmals untersucht oder befragt. Zu Beginn einer Kohortenstudie sind die untersuchten Personen in der Regel gesund. Nachfolgend wird geschaut, oftmals über Jahre, bei welchen Personen eine bestimmte Erkrankung auftritt, wer gesund bleibt und worin sie sich unterscheiden. In der Medizin werden Kohortenstudien daher eingesetzt, um mögliche Ursachen von Krankheiten zu finden.
In einer Kohortenstudie mit männlichen Jugendlichen wurde beispielsweise untersucht, ob Cannabiskonsum das Risiko für die Entwicklung psychotischer Symptome erhöht. Zu Beginn der Studie waren die Jugendlichen 13 Jahre alt. Im Laufe der Folgejahre haben einige der Jungen angefangen, Cannabis zu konsumieren, andere nicht. Allgemein gesprochen werden Personen einer Kohorte, auf die ein bestimmtes Merkmal wie Cannabiskonsum zutrifft, als „exponiert“ bezeichnet. Personen, auf die das Merkmal nicht zutrifft, sind „nicht-exponiert“.
Kohortenstudien wie die genannte Cannabisstudie verlaufen meist „prospektiv“, das heißt sie erheben Daten fortlaufend. Im Gegensatz dazu wird in „retrospektiven“ Studien rückblickend nach möglichen Risikofaktoren gesucht. In der Cannabisstudie wurde prospektiv geschaut, welche Jungen nach Beginn der Studie psychotische Symptome entwickeln und welche nicht. Treten bei den „exponierten“ Jungen, also bei denen mit Cannabiskonsum, zu einem späteren Zeitpunkt häufiger psychotische Symptome auf, als bei den „nicht-exponierten“ Jugendlichen, so lässt dieser Umstand darauf schließen, dass Cannabis ein Risikofaktor für das Auftreten von psychotischen Symptomen sein könnte.
Allerdings können auch Kohortenstudien nicht verlässlich Aussagen über die Ursache einer Erkrankung machen, weil vielleicht andere bislang unerforschte Gründe die wahre Ursache sind. In dem geschilderten Beispiel könnte das Risiko für psychotische Symptome durch bestimmte Gene ausgelöst werden, die gleichzeitig bewirken, dass die Person eine Neigung zum Cannabiskonsum entwickelt. Dann wäre Cannabiskonsum nur eine Begleiterscheinung, nicht aber die Ursache für psychotische Symptome.
Ob Risikofaktoren wie Cannabiskonsum tatsächlich Ursache für eine Erkrankung sind, ließe sich nur dann sicher ermitteln, wenn bislang abstinente Personen zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt werden. Die zufällige Zuordnung wird als Randomisierung bezeichnet. Eine Gruppe wird gebeten, mit dem Konsum von Cannabis zu beginnen. Die andere Gruppe dient der Kontrolle. Diese Art der Untersuchung wird als randomisierte kontrollierte Studie bezeichnet. Aus ethischen Gründen sind solche Studien bei Fragestellungen wie der genannten aber nicht durchführbar.
Quellen:
Stand der Information: Juni 2020