Drogenlexikon

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Halluzinogene

Substanzen

Unter dem Begriff Halluzinogene werden eine Reihe von psychoaktiven Substanzen mit ähnlicher Wirkung zusammengefasst. Es gibt halluzinogen wirkende Pflanzen wie beispielsweise den Fliegenpilz oder Psilocybin-haltige Pilze. Halluzinogene Wirkungen entfalten sich auch durch den Konsum des mexikanischen Zaubersalbeis Salvia Divinorum oder der Hawaiianischen Holzrose. Ebenfalls halluzinogen wirkt der Peyote-Kaktus mit dem Wirkstoff Meskalin oder das Gebräu Ayahuasca, das den Wirkstoff DMT enthält. Bestimmte Nachtschattengewächse wie Stechapfel, Engelstrompete, Bilsenkraut oder Tollkirsche erzeugen ebenfalls halluzinogene Effekte, können jedoch leicht überdosiert werden und damit tödlich wirken.

Andere Halluzinogene werden künstlich hergestellt. Beispiele hierfür sind der Wirkstoff PCP der auch als „Angel Dust“ bezeichnet wird oder das Narkosemittel Ketamin, das in niedriger Dosis halluzinogene Effekte erzeugt. Eines der bekanntesten künstlich hergestellten Halluzinogene ist LSD. Der Chemiker Albert Hofmann hat LSD erstmals hergestellt und dessen halluzinogene Wirkung zufällig entdeckt. Genau genommen ist LSD eine halbsynthetische Substanz. Die Grundsubstanz stammt aus dem Mutterkorn, einem Pilz, der Getreideähren befällt.

Wirkungen und Risiken

Typisch für die Wirkung von Halluzinogenen sind tiefgreifende Bewusstseinsveränderungen. Dabei werden meist eingefahrene Denkstrukturen durchbrochen und abgelöst von assoziativen Gedankenketten. So kommt ein Forschungsteam nach der Analyse von Trip-Berichten zu der Feststellung, dass der durch Halluzinogene hervorgerufene Rauschzustand am ehesten zu vergleichen sei mit dem Zustand des Träumens.

Auch die Wahrnehmung gerät in Unordnung. Farben erscheinen viel intensiver als sonst. Dinge, die sich normalerweise nicht bewegen, fangen plötzlich an zu fließen oder bilden wabernde Strukturen. Dieser Effekt wurde bereits von Albert Hofmann beschrieben, der LSD an sich selbst ausprobiert hat. Er sprach von bunten, phantastischen Gebilden, die sich vor seinem inneren Auge bildeten und von sprühenden Farbfontänen sowie einem Phänomen, das als Synästhesie bezeichnet wird. Dabei werden zwei oder mehrere eigentlich voneinander getrennte Sinneskanäle miteinander gekoppelt. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise Geräusche optische Empfindungen auslösen können.

Der massivste Eingriff in das Bewusstsein dürfte der Verlust der Ich-Empfindung sein. Dabei geht das im normalen Alltag so selbstverständliche Gefühl der Ich-Begrenztheit verloren. Je nach Person und kulturellem Hintergrund werden diese Erfahrungen unterschiedlich interpretiert. Die einen nehmen dies als Eins-Sein mit der Welt wahr oder schreiben den Erfahrungen gar eine religiöse Dimension zu. Andere hingegen fühlen sich durch die extreme psychische Situation bedroht und erleben mitunter Todesangst. Umgangssprachlich laufen diese Personen Gefahr „abzustürzen“.

Die Grundlage für diesen Effekt bildet vermutlich eine veränderte Informationsverarbeitung im Gehirn. Normalerweise besteht unser Gehirn aus unabhängigen Netzwerken, die verschiedene spezielle Funktionen erfüllen wie Sehen, Fühlen oder Hören. Unter dem Einfluss von LSD funktioniert die getrennte Informationsverarbeitung jedoch nicht mehr. Das Gehirn scheint als Ganzes aktiviert zu werden und arbeitet eher wie eine Einheit.

Anders als bei den meisten psychoaktiven Substanzen ist kaum vorhersehbar, in welche Richtung sich die Wirkung von Halluzinogenen entfaltet. Der Rauschverlauf ist stark von der Person, ihren Erwartungen und der Situation abhängig. Die Erlebnisse können von einer euphorischen Grundstimmung getragen werden. Ebenso kann die Stimmung auch in Panik und Entsetzen umkippen, wenn die Erlebnisse Angst bereiten. Hierfür wurde der Begriff Horror-Trip geprägt.

Flashbacks und Psychosen

In der Regel nehmen die bedrohlich wirkenden Bewusstseinsveränderungen mit dem Abklingen der Wirkung wieder ab. In seltenen Fällen wurden auch länger anhaltende Psychosen beobachtet, die psychiatrische Hilfe notwendig machen. Paranoide Wahnvorstellungen, also das Gefühl beobachtet oder verfolgt zu werden, können dabei auftreten. Es gibt Studien, die bis in die 1960er Jahre zurückreichen und in denen Halluzinogene mit dem Ausbruch einer Schizophrenie in Zusammenhang gebracht wurden.

In der Wissenschaft gilt es allerdings als umstritten, ob die „klassischen“ Halluzinogene LSD, Psilocybin und Meskalin ursächlich eine länger anhaltende Psychose verursachen können. Häufig wird angenommen, dass die Betroffenen vorher schon gefährdet waren, an einer Psychose zu erkranken. So sprechen aktuelle Studien dafür, dass es wahrscheinlich keine ursächliche Verbindung zwischen Halluzinogenen und dauerhaften Psychosen gibt.

Hingegen gilt es als gesichert, dass Halluzinogene eine so genannte Halluzinogen-induzierte persistierende Wahrnehmungsstörung nach sich ziehen kann. Die als HPPD abgekürzte Störung kennt der Volksmund als Flashbacks. Allerdings ist ein HPPD nicht vollständig deckungsgleich mit Flashbacks. Letztere sind oft nur kurzweilig. Meist handelt es sich um visuelle Effekte, die auch im Rauschzustand auftreten. Das kann die Wahrnehmung von scheinbar sich bewegenden Objekten, von intensiven Farben oder leuchtenden geometrischen Formen sein. Von einem HPPD wird dann gesprochen, wenn die Flashback-Symptome den Alltag der Betroffenen stark belasten und sie mitunter medizinische Hilfe dafür in Anspruch nehmen.

 

Quellen:

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Stand der Information: Oktober 2019


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