Desomorphin ist ein Opioid, das in seiner chemischen Struktur Morphin ähnelt. 1932 wurde Desomorphin erstmals von dem Chemiker Lyndon Frederick Small in den USA hergestellt und 1934 patentiert. Das ursprüngliche Forschungsziel war, ein Schmerzmittel zu finden, das ein geringeres Abhängigkeitspotenzial als Morphin aufweist. Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass Desomorphin eine bis zu 10-mal stärkere schmerzlindernde Wirkung hat und rasch abhängig machen kann.
Die Wirkung von Desomorphin setzt früher ein als die von Morphin und hält nur ungefähr eineinhalb Stunden an. Heroin, ebenfalls ein Abkömmling des Morphins, wirkt hingegen bis zu acht Stunden. Der schnelle Wirkeintritt sowie die kurze Wirkdauer gelten als Ursache für das im Vergleich zu Morphin höhere Abhängigkeitspotential von Desomorphin.
Bislang gibt es keine verlässlichen Zahlen zur Verbreitung von Desomorphin. 2011 hat die Droge allerdings für mediale Aufmerksamkeit gesorgt, weil Berichten zufolge in Russland viele Heroinabhängige auf Desomorphin umgestiegen sind, nachdem im Jahr zuvor die jährliche Opiumernte in Afghanistan eingebrochen ist. Vermutet wird ein Pilzbefall, der in den Regionen um Kandahar, Helmand und Oruzgan beinahe die Hälfte der Mohnpflanzen befallen haben könnte.
Desomorphin lässt sich vergleichsweise leicht und ohne aufwändiges Laborgerät selbst herstellen. Den Grundstock bildet Codein, das als rezeptfreies Hustenmittel in jeder Apotheke erhältlich ist. Weitere Zutaten wie Lösungsmittel, laugenhaltige Haushaltsreiniger, Säuren und andere vergleichsweise leicht erhältliche Bestandteile werden miteinander verkocht. Die gesamte Herstellungsprozedur benötigt gerade einmal 45 Minuten.
Da bei der illegalen Produktion meist keine Laborausstattung zur Verfügung steht, mit dem Desomorphin extrahiert werden kann, enthält die daraus gewonnene Droge meist noch stark giftige Nebenprodukte aus dem Herstellungsprozess. Die so hergestellte Droge ist allerdings deutlich billiger als Heroin, weshalb Desomorphin auch als Droge der Armen gilt.
In der Regel wird die Substanz intravenös oder unter die Haut gespritzt. An der Einstichstelle tritt oft eine grünlich-geschuppte Verfärbung auf, die an Krokodilhaut erinnert. Daher wird die Droge auch „Krokodil“, „Crocodile“, „Krok“ oder „Croc“ genannt.
Die Einnahme von Desomorphin samt seiner Verunreinigungen führt zu schweren Gewebeschäden und Venenentzündungen bis hin zum Absterben von Körperteilen. Der Grund hierfür sei aber weniger das Desomorphin, sondern die noch in der Droge enthaltenen giftigen Verunreinigungen wie Lösungsmittel und säurehaltige Bestandteile. Dies führe um die Einstichstelle zu Wundinfektionen, die sich soweit ausbreiten können, bis ganze Bereiche des Gewebes absterben.
In den Medien sind zum Teil drastische Bilder von Menschen gezeigt worden, auf denen das weiche Gewebe der Betroffenen stellenweise verfault war und die darunterliegenden Knochen und Sehnen zu erkennen waren. In den Schlagzeilen wurde „Krokodil“ daher auch als „fleischfressende“ Droge bezeichnet, die ihre Konsumentinnen und Konsumenten „von innen auffrisst“ und „verfaulen“ lässt.
Während die Wirkung nur kurz anhält, würden die Entzugssymptome bis zu einem Monat dauern. Konsumentinnen und Konsumenten von „Krokodil“ würden daher leicht in einen Kreislauf von kurzen Rauschphasen und anschließender Eigenherstellung durch Verkochung geraten, um den Entzugssymptomen zu entgehen. Die durchschnittliche Überlebensdauer von intravenös Konsumierenden wird nach Beginn des Spritzens auf nur ein bis drei Jahre geschätzt.
In Deutschland zählt Desomorphin zu den nicht verkehrsfähigen Betäubungsmitteln, die in Anlage I des Betäubungsmittelgesetzes aufgelistet sind. Der Besitz, Handel oder anderweitige Umgang mit dieser Droge ist somit strafbar.
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