Drogenlexikon

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Benzodiazepine

Benzodiazepine sind verschreibungspflichtige Medikamente, die als Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Sie werden aufgrund ihrer entspannenden Wirkung auch als Tranquilizer (engl. to tranquillize = beruhigen) bezeichnet. 1957 wurde mit dem Wirkstoff Chlordiazepoxid die erste Substanz aus der Gruppe der Benzodiazepine synthetisiert und 1961 unter dem Handelsnamen Librium in die Medizin eingeführt. Diazepam, besser bekannt unter dem Markennamen Valium®, folgte 1963. Alle weiteren Substanzen aus der Klasse der Benzodiazepine leiten sich von Chlordiazepoxid und Diazepam ab.

Einsatzgebiet und Wirkung

Benzodiazepine haben vor allem eine angstlindernde und beruhigende Wirkung. Bedrohliches wandelt sich in eine leicht verkraftbare Unwichtigkeit, Unruhe verschwindet, Furcht zerrinnt. Hauptsächliche medizinische Anwendungsgebiete von Benzodiazepinen sind daher vor allem Angststörungen, Erregungs-, Spannungs- und Unruhezustände sowie psychotische Symptome. Benzodiazepine werden auch als Beruhigungsmittel vor operativen Eingriffen, bei epileptischen Anfällen, Tetanus, Fieberkrämpfen und anderen Zuständen mit erhöhtem Muskeltonus (Muskelanspannung) eingesetzt.

Benzodiazepine wirken zentral nervös, das heißt sie docken an Rezeptoren im Gehirn und bewirken eine Dämpfung der Reizweiterleitung. Dies geschieht vor allem durch eine erleichterte Bindung des hemmenden Neurotransmitters Gamma-Amino-Buttersäure (GABA). Hierdurch werden auch nachgeschaltete Neurotransmitter wie Noradrenalin, Acetylcholin und Serotonin beeinflusst. Dies hat Auswirkungen auf das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit und Bewegungskoordination sowie auf das Gefühlsleben.

Risiken

Entsprechend des Wirkprofils treten insbesondere bei höherer Dosierung auch Nebenwirkungen auf. Dazu gehören Müdigkeit, Mattheit, Benommenheit und Konzentrationsstörungen sowie Niedergeschlagenheit und Gedächtnislücken. Zudem zeigen sich Störungen in den Bewegungsabläufen, Schwindel und Muskelschwäche, was die Sturzgefahr erhöht. Weitere Nebenwirkungen sind eine langsame oder verwaschene Sprache, Sehstörungen, Übelkeit, Durchfall, Mundtrockenheit, gesteigerter Appetit, verlangsamte Atmung und Blutdruckabfall.

Aufgrund der verminderten Reaktionsfähigkeit ist die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt, was eine erhöhte Unfallgefahr beim Führen von Fahrzeugen oder der Bedienung von Maschinen nach sich zieht. Je nach verwendetem Präparat können die Nebenwirkungen unterschiedlich ausfallen, weshalb bei einer Verschreibung die Gebrauchsinformationen gründlich durchgelesen werden sollten. Bei bestimmten Erkrankungen wie Störungen der Lungen- und Atemfunktion (z. B. Asthma) oder Muskelschwäche dürfen Benzodiazepine nicht eingenommen werden.

Bei langfristiger Einnahme kann es zu gesundheitlichen Problemen kommen. Hierzu zählen eine gefühlsmäßige Abstumpfung, Konzentrations- und Merkfähigkeitsschwierigkeiten, körperliche Abgeschlagenheit sowie verminderte Kritikfähigkeit, d. h. die Betroffenen nehmen Veränderungen an sich selbst kaum wahr.

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Einnahme mit anderen ebenfalls sedierend (müde machend, einschläfernd) wirkenden Substanzen wie Alkohol, Barbituraten oder Opiaten und bestimmten Antidepressiva oder Antihistaminika kann die dämpfende Wirkung der Benzodiazepine in fataler Weise erhöhen. Ein Atem- und Herzstillstand kann die Folge sein.

Schwangerschaft und Stillzeit

Benzodiazepine und ihre Stoffwechselprodukte gelangen über die Plazenta (Mutterkuchen) zum Ungeborenen und können sich dort anreichern, da der Fötus Benzodiazepine sehr langsam abbaut. Dies kann beim Neugeborenen zum so genannten „floppy infant syndrom“ führen, das durch schlaffe Muskeln, Atembeschwerden und einen gestörten Saugreflex gekennzeichnet ist. In der Schwangerschaft sollten Benzodiazepine daher nur angewendet werden, wenn es der Arzt für zwingend erforderlich hält. Da Benzodiazepine in die Muttermilch übergehen, sollte auf Medikamente dieser Art in der Stillzeit ganz verzichtet werden.

Abhängigkeit

Benzodiazepine sollten stets nur für kurze Zeit angewendet werden, da sich rasch eine Toleranz bildet, mit der Gefahr, dass sich eine psychische und körperliche Abhängigkeit entwickelt. Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa 1,1 Millionen Menschen abhängig von Benzodiazepinpräparaten. Die Gefahr der Abhängigkeitsentwicklung ist vor allem dann gegeben, wenn Benzodiazepine - im Szenejargon auch „Benzos“ genannt - missbräuchlich, also nicht aufgrund einer medizinischen Indikation oder in höheren als den verordneten Dosen eingenommen werden.

Jedoch kann sich auch bei ärztlich verschriebenen niedrigen Dosen eine Abhängigkeit entwickeln. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn bei allzu unkritischer Verschreibungspraxis die Einnahme über Monate oder sogar Jahre erfolgt oder andere Ärzte für zusätzliche Verschreibungen konsultiert werden, weil der Alltag ohne Benzodiazepine nicht mehr zu bewältigen ist. Dieser Prozess kann sich schleichend und unbemerkt vollziehen, da die Abhängigkeit bei niedriger Dosierung im Alltag oft kaum auffällt.

Das Phänomen Medikamentenabhängigkeit ist dabei nicht auf einzelne Ursachen zurückführen, sondern unterliegt einem Geflecht aus individuellen und sozialen Faktoren. Bekannt ist, dass der Abhängigkeitsentwicklung in der Regel psychische Probleme vorausgehen. Frauen scheinen davon stärker betroffen zu sein. 70 Prozent aller Medikamentenabhängigen sind weiblich. Zudem steigt das Risiko einer Medikamentenabhängigkeit mit dem Alter.

Entzugssyndrom

Je schwerer der Konsum war, desto ausgeprägter zeigen sich beim Absetzen Entzugssymptome. Wichtig ist: Benzodiazepine dürfen nicht schlagartig abgesetzt werden! Eine ärztliche Überwachung ist unbedingt angeraten. Die Entzugssymptome ähneln oft den ursprünglichen Beschwerden, die zur Einnahme der Medikamente geführt haben. Dazu zählen Schlafstörungen, Schmerzen, Unruhe, Stimmungsschwankungen und Gereiztheit. Die zuvor durch Benzodiazepine gedämpften Angstgefühle können verstärkt hervortreten bis hin zu Panikattacken. Hinzu kommen Entfremdungserlebnisse, Suizidimpulse und Wahrnehmungsstörungen. In seltenen Fällen können epileptische Anfälle und Wahnvorstellungen auftreten.


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